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Viadrina-Universität Frankfurt (Oder): Nazis auf dem Campus
Die Viadrina-Universität in Frankfurt (Oder) führt nach rechten Vorfällen auf dem Campus und im Sportverein Präventionsmaßnahmen ein
Tätowierungen seien nur die »Spitze des Eisbergs«, sagt die Studentin Sascha Belozerova zu »nd«. Sie ist gerade aufgrund persönlicher Erfahrungen aus dem Universitätssportverein USC Viadrina ausgetreten. Belozerova spricht von einem Vereinsklima, »in dem sich Menschen mit demokratiefeindlichen und rechtsradikalen Meinungen wohlfühlen«. Rechte Vorfälle im Fitnessraum, aber auch auf dem Campus werfen derzeit ein schlechtes Licht auf den Sportverein USC Viadrina und die gleichnamige Universität. Nach Berichten über verfassungsfeindliche Tätowierungen von Vereinsmitgliedern hat die Viadrina gemeinsam mit dem USC die Brandenburger Polizei eingeschaltet.
Es habe 2023 mehr Fälle rechter Gewalt im Raum Frankfurt (Oder) gegeben als in den Jahren zuvor, sagt ein Sprecher des Vereins Opferperspektive zu »nd«. Obwohl der Verein konkrete Zahlen dazu erst im nächsten Jahr veröffentlichen kann, deckt sich diese Einschätzung mit den aktuellen Berichten über die Viadrina. Der Sportverein USC soll »gewaltbereite Neonazis« als Mitglieder führen und sich unzureichend gegen rechts abgrenzen. Beim USC handelt es sich zwar um einen eigenständigen Verein, in dem sowohl Studierende als auch Frankfurter*innen Mitglied sind, doch im Vorstand sitzen auch der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) und der Universitätskanzler Robert Nissen.
Dieser hat sich nun nicht nur hinsichtlich juristischer Konsequenzen geäußert, sondern in einem Gespräch zwischen Universität, Sportverein und Studierendenschaft am Montagabend konkrete Maßnahmen veranlasst. Vorausgegangen waren dem Treffen zahlreiche Beschwerden zum USC beim Asta und Kritik daran, dass die Universitätsleitung keine Stellung beziehe. Ein offener Brief des Aktionsbündnisses Viadrina vom 8. Dezember, das unter anderem von der lokalen Gruppe des Studierendenverbandes Die Linke.SDS, dem antifaschistischen Verein »Utopia« und den Students for Climate Justice unterstützt wird, erwähnt nicht nur verfassungsfeindliche Symbole im Sportverein, sondern auch Geschehnisse auf dem Campusgelände.
»Wir haben über 20 Vorfälle von rechtem Vandalismus dokumentiert«, erzählt Rosa von Students for Climate Justice im Gespräch mit »nd«. Konkret geht es um die im Frühjahr von der Gruppe angelegten Hochbeete vor dem Audimax, die inzwischen abgebaut werden mussten. Auf die Holzeinfassung der Beete waren eine Regenbogenflagge und eine Ukraine-Flagge gemalt worden, außerdem die Botschaft »Keine Blumen für Nazis«. Bereits nach einem Monat wurde die Regenbogenflagge weiß übersprüht. Aus »Keine Blumen für Nazis« wurde »Blumen für Nazis«. »Zeitweise gab es zwei bis drei Vorfälle pro Woche«, sagt Rosa und dass die Ukraine-Flagge bis zum Abbau der Hochbeete unberührt geblieben sei.
Rosa ist dankbar für die Stellungnahme der Universität, hätte sich allerdings gewünscht, dass diese schneller veröffentlicht worden wäre. Sie berichtet, dass die Polizei lediglich eine Anzeige wegen Sachbeschädigung aufgenommen und keine politische Motivation erkannt habe. »Nun haben wir ›Blumen sind politisch‹ und ›Fuck Nazis‹ auf den Boden geschrieben«, erzählt sie und hofft, dass die Beete bald wieder auf dem Campus stehen können.
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Es sind keine rosigen Zeiten in der Grenzstadt Frankfurt (Oder). Seit Oktober wurden Hunderte Geflüchtete am Übergang nach Polen zurückgewiesen. An dieser Praxis, die das Recht auf Asyl aushebelt, gibt es Kritik von linker Seite. Ein Sprecher der Opferperspektive spricht im Kontext des Rechtsrucks im Großraum Frankfurt (Oder) von einer »Gewaltspirale«, die »das Unsicherheitsempfinden für betroffene Gruppen wie Geflüchtete, Migrant*innen und People of Color« verstärke. Auch Jan Augustyniak, Stadtverordneter für Die Linke in Frankfurt und Sprecher des lokalen Bündnisses »Kein Ort für Nazis«, spricht gegenüber »nd« von alten und neuen Rechten in der Region. Ihm seien allerdings »keine sichtbar parteistrukturell organisierten Nazis außerhalb der AfD in der Gegend« bekannt.
Die Vorwürfe gegen den USC gehen jedoch über Rechtspopulismus hinaus. Sie reichen von Aussagen der Studentin Belozerova, sie habe Mitglieder sagen hören, dass »die Ausländer ja nur rumheulen«, und »die AfD würde schon alles richtig machen, nur müssen sie an die Macht kommen«, bis hin zu Meldungen über drei Vereinsmitglieder, die mindestens durch Tattoos und Kleidung mit verfassungsfeindlicher Symbolik aufgefallen seien. Aus einem studentischen Protokoll des Gesprächs vom Montag geht hervor, dass ein Vertreter des USC sagte, eines der Mitglieder sei in dem Neonazi-Netzwerk »Blood and Honour« aktiv gewesen, bis es verboten wurde. Diese Aussage bestätigt auch der Lokalpolitiker Augustyniak». Ihm zufolge ist die erwähnte Person seit den 90ern in Neonazi-Strukturen aktiv und unterhält noch «weitreichende Kontakte in die deutsche und internationale Nazi-Szene». Der Sportverein selbst ließ eine Anfrage von «nd» bis Redaktionsschluss vier Tage lang unbeantwortet.
Die Universität hingegen hat Kritik, der zufolge sie zurückhaltend kommunizieren würde, durch öffentliche Statements entkräftet. Eine Stellungnahme vom Dienstag findet klare Worte gegen «jede Form von Diskriminierung, Rassismus und Rechtsradikalismus». Laut Aussage der Pressestelle gegenüber «nd» habe der Universitätskanzler Nissen bereits Ende Oktober demokratiestärkende Sensibilisierungs- und Präventionsmaßnahmen für die Mitarbeitenden des USC angekündigt und dazu bereits vor Veröffentlichung des offenen Briefes vom 8. Dezember und auch vor dem Montagsgespräch eine erfahrene Person in den Vorstand des USC geholt. Diese wird auch vom Linke-Politiker Augustyniak als fähig eingeschätzt.
Die im Mai 2022 geschaffene Anlaufstelle zum Schutz vor Diskriminierung an der Viadrina wird seit Dienstag von einer eigens geschaffenen E-Mail-Adresse ergänzt, über die Studierende die Vizepräsidentin für Transfer und Campus Janine Nuyken direkt erreichen können. Vereinbart wurde darüber hinaus, «dass der USC seine Hausordnung bis Februar 2024 überarbeitet, um offen rassistisch und diskriminierend agierenden Mitgliedern den Zutritt verweigern zu können». Im Anschluss soll bis Sommer 2024 auch die Satzung des Vereins überarbeitet werden.
Studierende, die am Gespräch am Montag teilnahmen, zeigen sich «nd» gegenüber erleichtert, was die beschlossenen Maßnahmen betrifft, und freuen sich über die Entschlossenheit der Universität, diese auch im Verein umzusetzen. Sie fragen sich jedoch genauso wie Augustyniak, inwieweit die Mitarbeitenden Sensibilisierungsmaßnahmen annehmen werden.
Eine hochschulpolitisch erfahrene Studentin berichtet «nd» von fragwürdigen Aussagen der Mitglieder des Sportvereins während der Montagsdiskussion. Ein Mitglied fragte, wer sich überhaupt von einem Tattoo diskriminiert fühlen könne. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass es sich bei besagten Tattoos unter anderem um Hakenkreuze handelt. Man muss also kein Experte in (neo)faschistischer Symbolik sein, um diese als solche zu identifizieren. Darüber hinaus wurde auch seitens der USC-Leitung betont, dass jeder sich in dem Sportclub wohlfühlen müsse. «Ich frage mich, ob damit gemeint ist, dass das auch für Rechte gilt», sagt die Studentin. «Das Problem von Rechten in Sportclubs ist kein Problem allein des USC. Die Diskussion um diesen Sportverein trägt eine gewisse Verantwortung gegenüber anderen Sportvereinen in Frankfurt (Oder).»
Ein Sprecher des Landessportbunds informiert «nd» über spezielle Maßnahmen gegen rechte Ideologie in Sportvereinen. Die brandenburgische Sportjugend sei durch vielseitige Angebote wie internationale Austauschprogramme zu sportlichen Wettkämpfen, landesweite Turniere im Projekt «Straßenfußball für Toleranz» oder gezielte Engagementförderung aktiv. Mit diesen Projekten wolle man die Werte des fairen Sports mit Menschenrechten verbinden. In der Causa USC Viadrina sei die zuständige Beratungsstelle bereits im Austausch mit der Universität.
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