- Kultur
- PEN-Berlin
Keinen Boykott gegen niemanden
PEN-Berlin distanziert sich von BDS-Kampagne
»Der Berlin-PEN lehnt BDS ab.« Diesen Satz wiederholte der Vorsitzende der Schriftstellervereinigung Deniz Yücel in seiner Rede zur Eröffnung einer Sitzung des von ihm mitbegründeten hauptstädtischen PEN am Wochenende im Festsaal Kreuzberg mehrfach. Das war keine Überraschung für die Anwesenden, die dessen politische und journalistische Arbeit kennen. Der fast ein Jahr lang in der Türkei inhaftierte Autor selbst verdankt seine Freilassung einer eindrucksvollen Solidaritätsbewegung. BDS steht für »Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen« und richtet sich gegen den Bezug israelischer Produkte wegen des Vorgehens des jüdischen Staates gegen Palästinenser.
Der Verband sei nicht als Gesinnungsgemeinschaft gegründet worden, sagte Yücel. Er setze sich ein für die Meinungs-, Presse und Kunstfreiheit sowie »die Unterstützung für Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt, die verfolgt, verhaftet, gefoltert werden, weil sie von eben diesen Freiheiten Gebrauch gemacht haben«. Yücel wies in seiner Rede, die ihn ein weiteres Mal auch als glänzenden Rhetoriker auswies, darauf hin, dass er sich schon vor Jahren an Aktionen gegen den Antisemitismus in der Türkei nicht nur auf publizistischem Feld engagiert habe. Er betonte, dass ein Verein wie der PEN, der für das freie Wort kämpft, auch entschieden gegen den Boykott israelischer Künstler*innen sei.
Vor dem Kongress war der PEN-Berlin in die Kritik geraten, weil er sich nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober nicht sofort mit einer klaren Stellungnahme zu Wort gemeldet habe. Es gab sogar vereinzelte Austritte von Mitgliedern, die fehlende Solidarität mit Israel beklagten. Andere Mitglieder wiederum monierten die Austritte als pauschal proisraelisch.
Yücel konnte überzeugend nachweisen, dass PEN-Berlin nicht zu den Organisationen gehört, die wohlfeile Erklärungen abgeben, die dann wieder schnell vergessen werden. Zudem erinnerte er daran, dass man recht bald nach dem Massaker der Hamas vor nunmehr bereits über zwei Monaten mit einer Veranstaltung gegen Antisemitismus ein klares Zeichen gesetzt habe.
Der PEN-Kongress verabschiedete schließlich eine Resolution, die sich solidarisch mit Jüdinnen und Juden in aller Welt erklärte: »Der PEN-Berlin verurteilt den islamistischen Terrorangriff der Hamas und ihrer Verbündeten auf Israel. Der Angriff galt dem Staat Israel als Ganzem, den die Hamas erklärtermaßen vernichten will. Der PEN-Berlin verurteilt den islamistischen Terrorangriff der Hamas und ihrer Verbündeten auf Israel. Der Angriff galt dem Staat Israel als Ganzem, den die Hamas erklärtermaßen vernichten will.« In der Erklärung wird aber auch die Sorge um die palästinensischen Zivilist*innen ausgedrückt, die Opfer der israelischen Kriegführung und des Terrors der Hamas sind.
In einer weiteren Resolution mit dem etwas sperrigen Titel »Gegen gesellschaftliche Polarisierung und illiberale Tendenzen im Kulturbetrieb« wendet sich die Schriftsteller*innenvereinigung gegen Absagen von Ausstellungen oder Preisverleihungen an Künstler*innen, die in Deutschland verdächtigt werden, die BDS-Kampagne zu unterstützen oder sich zu dem Konflikt im Nahen Osten nicht im Sinne der deutschen Staatsräson zu äußern. Oft sind davon linke jüdische Künstler*innen betroffen. Schlagzeilen machten jüngst die Kündigung einer Ausstellung der aus Südafrika stammenden jüdischen Künstlerin Candice Breitz und vergangene Woche der Streit um die Verleihung des Hannah-Arendt-Preises an die in Kanada lebende jüdische Publizistin Masha Gessen, von der sich die den Preis mittragende Heinrich-Böll-Stiftung distanziert hatte. Stein des Anstoßes war ein über 20-seitiger Essay von Gessen über den Nahost-Konflikt in einer US-amerikanischen Zeitschrift. Kritiker*innen der Autorin hatten einige Formulierungen herausgegriffen und diese als antiisraelisch gebrandtmarkt. Würde heutzutage Hannah Arendt in Deutschland einen Preis bekommen, fragte in diesem Kontext die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse, die mit Yücel den PEN-Berlin leitet, unter Verweis auf antizionistische Positionen der deutsch-jüdischen Philosophin.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.