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»Napoleon« im Kino: Coup des Jahres
Doch, doch: »Napoleon« war 2023 einer der sinnvollsten Filme
Das war der Filmcoup des Jahres: »Napoleon« von Ridley Scott. Für einen 200 Millionen US-Dollar teuren Blockbuster ist er ganz schön mutig. Denn der welthistorisch bedeutsame Promi und Kaiser der Franzosen ist nämlich keine Sekunde lang charismatisch. Dieser Napoleon grunzt triebgesteuert, hat eine infantile Neigung zur Rauferei, ist ein schlechter Liebhaber und reichlich maulfaul. Ein banaler Mann, aber eines kann er gut: eine Armee führen.
Die aufwendigen Schlachtszenen zeigen eine Militärmaschinerie bei ihrem Menschen und Tiere in blutige Fetzen schießenden Tagwerk. In Folge von Napoleons Kriegszügen starben über drei Millionen Menschen, sagt der Filmabspann. Sie alle starben wegen eines banalen Typen, der aber die Macht in Händen hielt.
Am Anfang von »Napoleon« ist Revolutionszeit: Fort mit dem Adel! Dann putscht Napoleon sich an die Spitze und nach seiner Niederlage herrscht wieder der Adel. Der genauso agiert wie Napoleon. Während der Schlacht bei Waterloo befiehlt Herzog Wellington, der Kommandant der Engländer, einem Scharfschützen, nicht auf Napoleon zu schießen, der sei schließlich General. Diejenigen, die fürs Massensterben verantwortlich sind, soll man gefälligst schonen.
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Ob es wirklich so war wie in »Napoleon«, ist eine uninteressante Frage.Die Welt, die »Napoleon« zeigt, gleicht der in Stanley Kubricks Meisterwerk »Barry Lyndon«. Darin sieht die Zeit um 1800 so berückend schön aus wie in der damals herausragenden Malerei. Sie war in Wahrheit aber hässlich. Denn all die Pracht gehört allein einer schmalen Elite, deren niederträchtigem Walten alle anderen Menschen ausgeliefert sind.
Von der Kritik wird »Napoleon« zerrupft. Es scheint kein Verständnis zu geben für einen Film, in dessen Zentrum ein Personal steht, dessen Handeln dramatische Folgen hat, das aber ansonsten so gewöhnlich ist wie Menschen und Herrschende jenseits der Leinwand.
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