FDP-Mitgliederentscheid: Knappe Mehrheit für die Ampel

Bis Montag stimmten die FDP-Mitglieder über den Verbleib ihrer Partei in der Regierungskoalition ab. Über die Hälfte beteiligte sich nicht

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine kleine Mehrheit der FDP-Mitglieder will in der Ampel bleiben – eine große Mehrheit beteiligte sich gar nicht an der Abstimmung.
Eine kleine Mehrheit der FDP-Mitglieder will in der Ampel bleiben – eine große Mehrheit beteiligte sich gar nicht an der Abstimmung.

Die Ampel-Regierung habe sehr gute Arbeit gemacht, sagt ein FDP-Mitglied zum »nd«. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung seiner Partei freut ihn: Eine knappe Mehrheit von 52,24 Prozent der Abstimmenden plädiert genau wie er dafür, die Regierungsarbeit mit SPD und Grünen fortzusetzen. 47,76 Prozent wollen die Koalition verlassen. Von Mitte Dezember bis zum 1. Januar konnten 65 899 Parteimitglieder über diese Frage abstimmen. Obwohl sich lediglich 26 058 von ihnen beteiligten, teilt die Bundesgeschäftsführung der Partei ihren Mitgliedern mit, »dass sich noch nie so viele Parteimitglieder an einem innerparteilichen Meinungsbildungsprozess der FDP beteiligt hatten«.

Als Sozialliberaler finde er es »super, dass das Selbstbestimmungs- und das Namensrecht überarbeitet wurden«, sodass trans Personen nun selbst über ihren Geschlechtseintrag und Scheidungskinder über ihren Nachnamen entscheiden könnten, sagt das FDP-Mitglied, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Ärzt*innen dürften nun über Schwangerschaftsabbrüche informieren, es gebe mehr Geld für Schulen in ärmeren Stadtteilen und das Wahlrecht sei reformiert worden, zählt er weitere Errungenschaften der Regierung auf.

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»Natürlich kracht es oft in der Ampel, was aber daran liegt, dass sie große Themen angeht«, meint er. Außerdem hätte es seiner Ansicht nach keine gute Alternative gegeben. Wäre es zu Neuwahlen gekommen, hätte das »Flucht und Selbstmord« der FDP bedeutet. In jüngsten Befragungen erreicht die Partei etwa fünf Prozent – es ist also unklar, ob sie überhaupt noch in den Bundestag käme, wenn jetzt Wahlen wären.

Die Mitgliederbefragung folgte auf einen offenen Brief von 26 Landes- und Kommunalpolitikern der FDP, die nach den schlechten Wahlergebnissen in Hessen und Bayern gefordert hatten, die FDP müsse ihre Koalitionspartner überdenken. In Bayern hatte die FDP im Oktober den Einzug in den Landtag verpasst. In Hessen schaffte sie es knapp über die Fünf-Prozent-Hürde.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte im November dazu geraten, nicht für einen Ausstieg aus der Bundesregierung zu votieren. Ohnehin hätten Partei oder Bundestagsfraktion einem negativen Votum jedoch nicht folgen müssen. In der FDP-Satzung heißt es: »Die Organe der Partei sind in ihrer Willensbildung nicht an das Ergebnis der Mitgliederbefragung gebunden.«

Dass es prinzipiell jedoch die Möglichkeit gibt, alle Mitglieder nach ihrer Meinung zu fragen, begrüßt der Sozialliberale von der FDP: »Das wertet die Mitgliedschaft auf und gehört zur Parteidemokratie dazu.« Die Abstimmung selbst sei digital und umkompliziert gewesen. Allerdings könnte aus seiner Sicht auch das positive Abstimmungsergebnis zu einem strategischen Problem für die Liberalen werden: Sollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erneut seine Richtlinienkompetenz erwägen, könnte die FDP nicht mehr damit drohen, die Regierung platzen zu lassen.

Einer der Initiatoren der FDP-Mitgliederbefragung, der Kasseler Kreisvorsitzende Matthias Nölke, hatte der Parteiführung vor einigen Tagen mangelnde Transparenz vorgeworfen. »Uns Initiatoren gegenüber schweigt die FDP-Spitze weitgehend«, sagte er dem »Tagesspiegel«. Bis Montag sei unklar gewesen, wann und wie die Auszählung erfolge und wie die Ergebnisse bekanntgegeben werden sollten.

Die Bundesgeschäftsführung der Partei fühlt sich durch den Entscheid bestätigt. Im Fokus stehe nun »zum Beispiel die Umsetzung der von uns eingeleiteten Asylwende mit einer neuen Realpolitik in der Migration, die fortgesetzte Absenkung sowohl der Staatsverschuldung als auch der Inflation und die Stärkung von Bildungschancen und Arbeitsanreizen anstelle des Ausbaus von Sozialtransfers«. mit dpa

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