Silvester ganz normaler Ausnahmezustand

Berliner Feuerwehr registrierte weniger Angriffe und keine verletzten Kollegen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der Jahreswechsel ist aus Sicht der Berliner Feuerwehr im Vergleich zum Vorjahr glimpflich abgelaufen«, sagt Landesbranddirektor Karsten Homrighausen gegen 10.30 Uhr am Neujahrstag. Im Vorjahr hatte es 69 Übergriffe auf Feuerwehrleute, Rettungssanitäter und ihre Fahrzeuge gegeben, wobei 15 Kollegen verletzt worden waren. Dieses Jahr zählte die Feuerwehr in ihrer Silvesterbilanz 30 Angriffe. Verletzte waren nicht zu beklagen. Jeder Angriff auf Rettungskräfte sei »dennoch einer zu viel und absolut inakzeptabel«, erklärt Homrighausen. »Wir werden das nicht tolerieren und in jedem einzelnen Fall Strafantrag stellen.«

Um 19 Uhr wurde der übliche »Ausnahmezustand Silvester« ausgerufen und um 4.20 Uhr beendet. In diesem Zeitraum gab es 1598 Einsätze, davon 861 durch den Rettungsdienst, und es waren 663 Brände zu löschen. Die Zahlen bewegen sich nur ganz leicht oberhalb des Niveaus beim Jahreswechsel 2019/2020. In den beiden darauffolgenden Jahren blieb es vergleichsweise ruhig – es waren die Jahre der Corona-Pandemie. Zum Jahreswechsel 2021/2022 hatten Feuerwehr und Rettungsdienst dann 1717 mal ausrücken müssen und es waren 749 Feuer zu bekämpfen gewesen.

Auch früher schon hatte es in der Silvesternacht Angriffe auf Rettungskräfte und Polizisten gegeben, doch vor einem Jahr kam es insbesondere im Bezirk Neukölln gehäuft dazu und dies sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Die CDU wollte hernach die Vornamen der Tatverdächtigen erfahren – ein rassistisches Wahlkampfmanöver, denn am 12. Februar 2023 wurde die im September 2021 im Chaos versunkene Berliner Abgeordnetenhauswahl wiederholt.

Jetzt waren allein für die Silvesternacht 3200 Polizisten im Einsatz, von denen ein Teil aus anderen Bundesländern angefordert worden war. Dazu kamen noch 1000 Berliner Kollegen im sogenannten täglichen Dienst. Es gab nach Auskunft von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) mehr als 300 Festnahmen und trotz hohen Personalbestandes vergleichsweise wenig verletzte Polizisten – 54 waren es insgesamt, wobei 34 Verletzte auf den Großeinsatz »Silvester« entfielen. Klar sei, »dass wir mit polizeilichen Mitteln allein nicht Folgen sozialer und gesellschaftlicher Ursachen lösen werden«, sagt Innensenatorin Spranger.

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Die diesjährige Silvesternacht habe nicht die Qualität gehabt wie die vor einem Jahr, erkennt Bettina Jarasch, Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus. »Der ganz normale Ausnahmezustand kann dennoch nicht zufriedenstellen.« Der privaten Böllerei gehöre endlich ein Riegel vorgeschoben, Feuerwerk gehöre in die Hände von Profis.

Es sei »reines Glück«, dass Einsatzkräfte nicht noch schwerer verletzt wurden, urteilt Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Auch er fordert ein Böllerverbot.

»Auch wenn diese Silvesternacht ruhiger war als die vorige, die sozialen Spannungen werden bleiben«, erwartet der Abgeordnete Niklas Schrader (Linke). »Der Versuch, diese mit Repression zu unterdrücken, wird scheitern. Wer kurz vor dem Jahreswechsel noch mit Knüppel-aus-dem-Sack-Rhetorik Öl ins Feuer gießt und gleichzeitig bei Jugend- und Sozialarbeit den Rotstift ansetzt, handelt verantwortungslos.« Man brauche dringend ein haushaltspolitisches Umsteuern.

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