Berliner Polizeiversagen: 10 Mal unbearbeiteter Rassismus

Unter den über 300 unbearbeiteten Fällen mit mutmaßlich rechtsextremem Hintergrund fallen mindestens zehn rassistische Körperverletzungen

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

Mindestens zehn Fälle der Körperverletzung und gefährlichen Körperverletzung mit mutmaßlich rassistischem Hintergrund hat die Abteilung 533 des Berliner Landeskriminalamtes in den vergangenen Jahren nicht bearbeitet. Dazu kommen schwere Brandstiftung, Nötigung, mehrere Vorwürfe der Volksverhetzung, der Beleidigung und vor allem das Verwenden vefassungswidriger Kennenzeichen. Die 387 Fälle, die das Kommissariat für Staatsschutz von 2018 bis 2023 liegen gelassen hat, umfassen eine breite Palette von einfachen Delikten bis schweren Straftaten. Was sie eint: Die Tatverdächtigen sind Rechte.

Die Auflistung stammt aus der Senatsantwort auf eine Schriftliche Anfrage der Linke-Abgeordneten Niklas Schrader und Ferat Koçak. Zuerst berichtete der »Tagesspiegel«. Im November war öffentlich geworden, dass der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter Hunderte Ermittlungsverfahren im Bereich der politisch motivierten Kriminalität von rechts nicht bearbeitet hatten. Gegen sie läuft nun ein Verfahren wegen Strafvereitelung im Amt.

Ob sie mit politischer Motivation oder aus Überlastung ihre Arbeit vernachlässigten, ist unklar. Der Senat bestätigt, dass der verantwortliche Beamte zuvor das Ermittlungsverfahren zum Mord an Burak Bektaş geleitet hatte. Der 21-Jährige war 2012 in Neukölln auf offener Straße erschossen worden, die Angehörigen beklagen seitdem schleppende und bislang erfolglose Polizeiermittlungen.

Die unbearbeiteten 387 Fälle wurden laut Innenverwaltung an die Staatsanwaltschaft übergeben, 153 davon hat das nun zuständige Kommissariat bereits digital erfasst. Davon wiederum wurden in der Zwischenzeit 82 Fälle aufgeklärt und 89 Tatverdächtige ermittelt. Lediglich für diese 153 Fälle kann die Behörde die Tatvorwürfe benennen. Hier zeigt sich, dass es sich keineswegs um »Kleinkram« handelt, wie Schrader gegenüber dem »Tagesspiegel« betont: In der Auflistung finden sich mindestens zehn Fälle von Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung. Die Angriffe fanden hauptsächlich 2021 in unterschiedlichen Bezirken statt und richteten sich allesamt gegen Ausländer, Menschen mit Migrationshintergrund oder rassifizierte Personen. Das geht aus der polizeilichen Klassifizierung der Taten als »ausländerfeindlich« oder »rassistisch« hervor.

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Obwohl die »verzögerte Aktenbearbeitung«, wie die Innenverwaltung den Skandal umschreibt, bereits Mitte Oktober im Rahmen eines Führungswechsels ans Licht kam, erfuhr das Abgeordnetenhaus erst über einen Monat später davon. Laut Senat lag das an einem langsamen Informationsfluss: Die Polizeipräsidentin sollte erst nach einer ersten Aufarbeitung informiert werden. Die habe deshalb erst Ende November den Senat informieren können.

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