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Wieder Debatte um »Sexkauf-Verbot«
Justizminister Buschmann lehnt generelle Bestrafung von Kunden ab
Das Anbieten und Inanspruchnehmen sogenannter sexueller Dienstleistungen ist in der Bundesrepublik legal, sofern dies nicht unter Zwang geschieht. Von Befürwortern eines Prostitutionsverbots wird dies seit Langem scharf kritisiert. Sie gehen davon aus, dass keine Person, in der Regel sind es Frauen, ihren Körper freiwillig »verkauft«. Weil Prostitution in der Bundesrepublik nicht verboten ist, bezeichnen die Kritiker Deutschland als »das Bordell Europas«.
Seit das Europäische Parlament im September in einem Beschluss das sogenannte nordische Modell positiv bewertet hat, wächst erneut der Druck auf die Bundesregierung, ein »Sexkauf-Verbot« zu erlassen. In mehreren skandinavischen Staaten, daher der Name »nordisches Modell«, aber auch in Frankreich müssen Personen, die für sexuelle Dienstleistungen bezahlen, harte Strafen fürchten. Das erste Land, das auf diese Weise Kunden von Prostituierten kriminalisierte, war Schweden. Dort trat ein entsprechendes Gesetz bereits 1999 in Kraft. Seither wird international heftig darüber gestritten, ob eine solche Regelung Sexarbeitenden hilft oder ihnen schadet.
Bundesjustizminister Marco Buschmann hält nichts von einem generellen Verbot. Auf die Frage, ob er eine Bestrafung von Freiern befürworte, antwortete der FDP-Politiker: »Ich glaube, das Wichtigste ist, dass jedwede Ausübung von Zwang gegen die Frau sozusagen unterbunden werden muss, auch mit Mitteln des Strafrechts.« Dafür gebe es in Deutschland Instrumente, die auch angewandt werden müssten. Hier sollte der Schwerpunkt liegen.
Buschmann plant eine Reform des Strafgesetzbuches und dabei auch die Streichung einer Vorschrift, die Prostitution in Sperrbezirken verbietet. Der entsprechende Paragraf besteht nur aus einem langen Satz: »Wer einem durch Rechtsverordnung erlassenen Verbot, der Prostitution an bestimmten Orten überhaupt oder zu bestimmten Tageszeiten nachzugehen, beharrlich zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.«
Der Verstoß gegen Sperrbezirksverordnungen könnte, wenn Buschmanns Vorhaben umgesetzt werden sollte wie geplant, zwar weiterhin geahndet werden. Er wird aber von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft. »Klar ist, weiterhin können solche Sperrbezirksverfügungen erlassen werden«, sagte Buschmann. »Wenn wir uns vorstellen, dass es in Kommunen ja auch Gebiete gibt, die, wenn Sie so wollen, die gute Stube bilden, oder dass es Bereiche gibt wie Schulen oder Kindergärten, dass dann im Notfall da zu dieser Verfügung gegriffen werden kann, ist, glaube ich, im Instrumentenkasten sinnvoll.«
Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig und gilt als normales Gewerbe. Die damalige rot-grüne Koalition wollte mit der Gesetzesänderung die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessern. Passiert ist jedoch aus Sicht vieler Experten eher das Gegenteil: Die Stellung der Bordellbetreiber, der »Sexindustrie« und der Freier sei gestärkt worden.
Im Juli 2017 trat dann das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft, auf das sich die damalige Große Koalition 2016 geeinigt hatte. Es macht vor allem gewerberechtliche Vorgaben: Bordelle benötigen seitdem eine Betriebserlaubnis, Prostituierte müssen ihre Tätigkeit anmelden und zur Gesundheitsberatung gehen.
Buschmann hat für die geplante Reform des Strafgesetzbuches, die unter anderem auch das Schwarzfahren entkriminalisieren soll, Ende November Eckpunkte vorgelegt. Ein konkreter Entwurf ist seinen Worten zufolge wahrscheinlich in der ersten Hälfte 2024 zu erwarten. Bei der Reform gehe es darum, dass »wir viele alte, überholte Regelungen aus dem Strafgesetzbuch entweder streichen oder überarbeiten werden«.
Im erwähnten Beschluss des Europaparlaments wird die unterschiedliche Gesetzgebung zu Prostitution in den EU-Mitgliedstaaten kritisiert. Dies begünstige Menschenhandel. Daher wird in der Resolution empfohlen, das nordische Modell flächendeckend in nationales Recht zu übertragen. Dies beinhaltet neben der Freierkriminalisierung auch die Unterstützung von Sexarbeitenden beim »Ausstieg«. Im Beschluss wird auch Prostitution generell als eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt eingestuft.
Die Unionsfraktion im Bundestag fordert für Deutschland ebenfalls das nordische Modell. Es wird aber auch von Politikern aus allen anderen Parteien unterstützt – und von anderen abgelehnt. Kritiker sehen darin eine Bevormundung und neuerliche Stigmatisierung Sexarbeitender, ohne dass Zwangsprostitution und Menschenhandel dadurch wirksam bekämpft würden. Durch Illegalisierung verschärfe sich vielmehr die Situation der Betroffenen. dpa/nd
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