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Fragiler Optimismus

Entgegen der Prognosen sieht Brandenburgs Ministerpräsident Woidke (SPD) seine Regierung gut aufgestellt, bei der Wahl will er die AfD besiegen

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Im absehbar schwierigen Landtagswahlkampf erwartet die brandenburgische SPD keinen Rückenwind von der Bundespartei und der SPD-geführten Bundesregierung. Beinahe feindlich, zumindest aber deutlich distanziert äußerte sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in seinem Jahresauftakt-Pressegespräch zum Handeln und zum Bild, das die Sozialdemokratie auf Bundesebene derzeit abgibt. Der endlose Streit sei inzwischen die »Demokratie zersetzend«.

Obwohl auch in der brandenburgischen Landesregierung, bestehend aus SPD, CDU und Grünen, die Stimmung keineswegs ungetrübt ist, bot Woidke diese als Vorbild für die Bundesregierung an. Die endlosen Streitigkeiten im Bundeskabinett würden keinem der Beteiligten politisch nützen. »Der Schalter muss umgelegt werden.«

»Wir unterscheiden uns von der Bundespartei und werden das auch weiterhin tun«, unterstrich Woidke ohne Rücksicht auf seine führenden Genossen. Von denen erwarte er »eher Gegen- als Rückenwind«. Angesprochen auf die Unterschiede in der politischen Bewertung »könnte ich Ihnen 20 Punkte nennen«, fügte Woidke hinzu. Die Äußerung von Finanzministerin Katrin Lange (SPD), die deutsche Migrationspolitik verstehe »in Europa niemand mehr«, nannte der Ministerpräsident »klar«. Im Übrigen habe die heutige Bundesregierung das ungelöste Migrationsproblem von der vorherigen Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geerbt.

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Woidke lehnte erneut den Plan ab, für Agrarbetriebe die Befreiung von der Kfz-Steuer aufzuheben. »Das sind Wirtschaftsunternehmen und die brauchen Planungssicherheit.« Man könne da nicht in entscheidenden Punkten über Nacht die Geschäfts- und Berechnungsgrundlage massiv ändern. »Der ländliche Raum spielt für uns in Brandenburg eine wichtige Rolle«, betonte der Regierungschef. Auch in der Energiepolitik trete die märkische SPD »deutlich pragmatischer« auf als die Bundes-SPD. Was an erneuerbarer Energie inzwischen in Brandenburg installiert sei, »kann sich sehen lassen«.

Fast eine Milliarde Euro seien in den vergangenen Jahrzehnten in Brandenburg in den Hochwasserschutz geflossen, sodass angesichts der aktuellen Wassermassen die Menschen in Wittenberge und andernorts im Bundesland die Lage »deutlich entspannter« und »viel gelassener« sehen, fuhr Woidke fort. Allgemein gelte: »Unser Katastrophenschutz ist gut aufgestellt.« Ihn selbst stimme zudem die wirtschaftliche Bilanz positiv. Brandenburg habe 2022 ein Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent gehabt, ein Jahr später sogar von 6 Prozent. In wenigen Tagen eröffne in Cottbus das modernste Bahnwerk der Welt. Für eine staatliche Medizinerausbildung in Cottbus erwarte er in den nächsten Wochen die Genehmigung des Wissenschaftsrates.

Woidke feierte auch den Ausbau des Bundeswehr-Standortes Holzdorf, wo demnächst zwei Militärhubschrauber, in einigen Jahren aber 47 stationiert sein sollen. Das seien »gute Impulse«, damit würden »Hochtechnologie« und eine entsprechende Wartungsstruktur nach Brandenburg gelangen. Auch die Erdölraffinerie in Schwedt habe eine Entwicklung genommen, an die noch vor anderthalb Jahren niemand geglaubt habe. Die Mineralölversorgung des Landes werde zu 80 Prozent durch die eigene Produktion abgedeckt, und das bei Umstellung auf neue Erdölsorten – denn seit Anfang 2023 gibt ein Importverbot für das bis dahin in Schwedt zu Kraftstoff verarbeitete russische Öl.

Für die miese Stimmung im Land, für Anzeichen von Ärger und Erbitterung hatte Woidke daher keine rechte Erklärung. Er setze den extrem schlechten Umfragewerten für die brandenburgische SPD (20 Prozent) seinen »Optimismus« entgegen. Aggression habe mit Stimmung zu tun. Es gebe den Versuch von Strömungen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung radikal ablehnten, die Gesellschaft zu unterwandern. Wenn Bauern in Schleswig-Holstein den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gewaltsam am Verlassen einer Fähre hinderten, dann sei das zutiefst abzulehnen.

»Ich halte nicht viel von Umfragen«, machte sich Woidke Mut. Vor der Landtagswahl 2019 habe es zunächst für die SPD ebenfalls nicht gut ausgesehen, man habe auf die SPD »keinen Pfifferling mehr gegeben«. Durch einen zugespitzten Wahlkampf sei es aber gelungen, die AfD kleinerzuhalten, als man befürchten musste. Damals betrug der vorausgesagte Unterschied jedoch wenige Prozentpunkte, derzeit kommt die AfD in Umfragen auf 32 Prozent, sodass sie acht Monate vor der Landtagswahl 12 Prozentpunkte vor der SPD liegt.

Woidke räumte »große Fehler« im Umgang mit der AfD ein. Man habe ihr beikommen wollen wie seinerzeit der NPD oder der DVU, also eher durch Missachtung in der politischen Arbeit und ohne sie vieler Worte zu würdigen. Die AfD sei aber »etwas anderes«. Nunmehr gelte es, sie zu stellen und klarzumachen, dass die AfD »nicht an Stabilität interessiert ist«. Wer dort zulange, der greife »in braunen Matsch«. Auf stabile politische Verhältnisse werde es bei der Bewältigung der kommenden Herausforderungen ankommen.

Woidke warf der AfD vor, heuchlerisch für Kommunen und Krankenhäuser einzutreten, aber gegen eine Neuverschuldung zu klagen, die den Kommunen und Krankenhäuser zugutekommen soll. Daher dürfe die AfD keine politische Verantwortung tragen. »Das bleibt mein politisches Ziel.« Die Umfrageergebnisse von heute seien »nicht die Wahlergebnisse von morgen«.

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