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Tasertoter war »erheblich vorerkrankt«
Einsatz in Mülheim könnte gegen Handlungsanweisungen verstoßen haben
Der am Samstagabend bei einem Polizeieinsatz in Mülheim an der Ruhr gestorbene Asylsuchende war laut einer vorläufigen Obduktion »erheblich vorerkrankt«. Das teilte die in dem Fall ermittelnde Polizei aus Bochum am Montag mit. Der junge Mann war von den Beamten mindestens zweimal getasert und dann überwältigt worden. Inwiefern das eingesetzte »Distanzelektroimpulsgerät« jedoch todesursächlich war, konnte nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft bislang nicht geklärt werden.
Der Einsatz am Samstag erfolgte in einer kommunalen Erstaufnahmeeinrichtung. Der aus Guinea stammende Mann soll in seinem Zimmer randaliert haben, deshalb habe der Sicherheitsdienst die Polizei gerufen. Zunächst schrieb die Polizei, die Beamten seien von dem Guineer angegriffen worden. In der Mitteilung vom Montag heißt es nun vorsichtiger, das spätere Opfer habe sich »aggressiv« gezeigt und sei »körperlich übergriffig« geworden. Bei Tasereinsätzen ist es Pflicht, anschließend einen Rettungswagen zu alarmieren. Im Fahrzeug verlor der Mann das Bewusstsein und verstarb im Krankenhaus.
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Ob der Tote wirklich wie zunächst angegeben 26 Jahre alt war, ist unklar. Eine erkennungsdienstliche Behandlung habe laut Polizei gezeigt, dass der Mann in der Vergangenheit verschiedene Alias-Namen und unterschiedliche Geburtsdaten angegeben hatte. Auch sei er bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten.
Neben der Vorerkrankung soll das Opfer vor seinem Tod auch Kokain konsumiert haben. Dies habe eine erste toxikologische Untersuchung des Blutes ergeben, so die Bochumer Polizei. Weitere medizinische Untersuchungen sollen hierzu Klarheit bringen. Eine eigens eingerichtete Ermittlungskommission wertet außerdem die gesicherten Bodycam-Aufnahmen der Einsatzkräfte aus.
Nordrhein-Westfalen erlaubt Taser seit 2022 auch im Streifendienst. 18 von 47 Kreispolizeibehörden sind damit ausgerüstet; dort kommen sie inzwischen auch häufig zum Einsatz. Laut einem Agenturbericht haben Polizisten in NRW die Waffe im vergangenen Jahr bis Anfang Dezember 1245 Mal gezogen, das sind fast doppelt so viele Einsätze wie im Jahr zuvor. Meist blieb es jedoch bei der Androhung; geschossen wurde nur in jedem fünften Fall. Von den 237 getroffenen Personen mussten 81 ambulant und 18 stationär behandelt werden – jedoch nicht in allen Fällen wegen Verletzungen durch Taser.
»Distanzelektroimpulsgeräte« werden bei der Polizei als »nicht tödliche Waffen« beschrieben. Sie sind jedoch auch in dem größten deutschen Bundesland umstritten. Im Düsseldorfer schwarz-grünen Koalitionsvertrag wurde deshalb festgehalten, die Einsätze Ende 2024 zu evaluieren. Schon jetzt zeigt sich, dass Taser durchaus tödlich sind: In den vergangenen 14 Monaten sind in NRW drei Menschen nach einem polizeilichen Einsatz gestorben. Deshalb steht das Thema am Donnerstag der kommenden Woche auf der Tagesordnung des Innenausschusses. Bis dahin erwartet der Landtag zu dem aktuellen Todesfall aus Mülheim einen detaillierten Einsatzbericht.
Das Transparenzportal »Frag den Staat« hatte im Herbst nach einer Klage erreicht, dass die Polizei in NRW die Einsatzanweisungen für Taser offenlegen muss. Darin heißt es, dass die Geräte für bestimmte Bevölkerungsgruppen »mit erhöhten gesundheitlichen Risiken verbunden« seien. Genannt werden Ältere, Schwangere und Menschen mit Herzproblemen. Der Einsatz sei aber auch grundsätzlich zu vermeiden, wenn das polizeiliche Gegenüber »körperlich gebrechlich oder gesundheitlich in sonstiger Weise nicht unerheblich beeinträchtigt ist«. Für den am Samstag getöteten Guineer traf dies offenbar zu.
Zudem heißt es in den Anweisungen, dass Taser nicht zur »Bewältigung von dynamischen Lagen im Kontext von Bedrohungen« gezogen werden sollen. Auch dies war bei dem Einsatz im Asylheim aber der Fall – so schildern es jedenfalls die Polizei und die Staatsanwaltschaft.
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