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Empfindliche Kürzungen beim Meeresnaturschutz
Mittel könnten für fossile Subventionen umgewidmet werden
Anfang September klang Umweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) euphorisch. Auch nach der Haushaltsdebatte im Herbst verfüge sie mit 4 Milliarden Euro weiter über eine so große Finanzsumme für den natürlichen Klimaschutz wie noch nie zuvor – und zweitens sei da noch das Windenergie-auf-See-Gesetz. Das lege fest, dass ein Anteil aus den Offshore-Versteigerungen dem Meeresnaturschutz zugutekomme, erläuterte Lemke. Das seien noch einmal etwa 700 bis 800 Millionen Euro.
Die genaue Festlegung findet sich in Paragraf 58 des Windenergie-auf-See-Gesetzes. Danach hat ein Bieter, der Meeresflächen für Offshore-Windkraft ersteigert hat, innerhalb von zwölf Monaten nach Erteilung des Zuschlags fünf Prozent des Gebots an den Bundeshaushalt zu zahlen. Die Mittel sind »zweckgebunden für Maßnahmen des Meeresnaturschutzes möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden« – und vom Umweltressort zu bewirtschaften.
Weitere fünf Prozent haben die Offshore-Windbauer als sogenannte Fischereikomponente an den Bundeshaushalt zu zahlen. Diese Mittel sollen für Maßnahmen zur umweltschonenden Fischerei verwendet werden. Das Geld fließt dem Agrarressort zu.
Zweimal hatte die Bundesnetzagentur letztes Jahr Offshore-Windfläche meistbietend versteigert. Beim ersten Mal ließen die Windkraftinvestoren sich den Zuschlag für Flächen für 7000 Megawatt 12,6 Milliarden Euro kosten, beim zweiten Mal für 1800 Megawatt 784 Millionen Euro. Rein rechnerisch fließen dem Umwelthaushalt mit dem Fünf-Prozent-Anteil also 669 Millionen Euro zu, und das im Sommer 2024.
Frisches Geld, auf das die Ampel jetzt zugreifen will. Von den knapp 670 Millionen Euro für den Meeresnaturschutz sollen nun 250 Millionen, also mehr als ein Drittel, zur Konsolidierung des Bundeshaushalts dienen, erklärt das Umweltministerium dazu. Die Kürzung sei schmerzhaft, weil deutsche Meere vielfältig übernutzt und stark belastet sind. Mit den restlichen 420 Millionen Euro bestehe aber die Chance, die Belastungen zu verringern.
Umweltschützer zeigen sich vom Ausmaß der geplanten Umverteilung überrascht. Die Offshore-Gelder seien zur Kompensation der enormen Umweltauswirkungen der Windenergie auf See sowie zur Transformation der Fischerei dringend notwendig, betont Kim Cornelius Detloff vom Naturschutzbund Nabu.
Zu den Umweltauswirkungen zählten Lebensraumverluste für Seevögel und Wale, Kollisionsrisiken, Flächenverluste für die Fischerei. Unterstützt werden müsse auch »eine Transformation zu einer naturverträglichen Fischerei, die hilft, unvermeidbare Effekte von künftig bis zu 70 000 Megawatt Offshore-Wind zu kompensieren«, erläutert der Verantwortliche für Meeresschutz beim Nabu. Es sei blanker Hohn, wenn mit Geldern aus erneuerbaren Energien jetzt schädliche fossile Subventionen gegenfinanziert würden, kritisiert Detloff mit Blick auf die versprochene Rücknahme der Kürzungen beim Agrardiesel.
Die Einnahmen aus der Versteigerung der Offshore-Flächen sollten im Frühjahr 2022 nach Ampel-Plänen noch zu 20 Prozent in den Naturschutz und zu 10 Prozent in umweltschonende Fischerei fließen. Von den einstigen 20 Prozent werden 2024 womöglich nur noch etwas mehr als 3 Prozent übrig bleiben. So viel zum Stellenwert des Naturschutzes bei der Ampel.
Die Bundesregierung soll sich nach anderen Berichten bereits verständigt haben, von den 670 Millionen für die Fischerei sogar 536 Millionen für die Agrarsubventionen abzuzweigen und nur 134 Millionen Euro in die Fischerei zu investieren.
Einnahmen des Bundeshaushalts können rechtlich gesehen nicht zweckgebunden sein. Sie können ebenso gut für den Rentenzuschuss, die Unterstützung der Ukraine oder die Regierungsflugreisen ausgegeben werden – oder wofür auch immer. Nur für den Meeresschutz wären sie eben nicht mehr verfügbar.
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