- Kommentare
- Israel
Israel: Urteil ohne Macht
Oliver Eberhardt über die Völkermordklage Südafrikas gegen Israel
Zum zweiten Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren befasst sich der Internationale Gerichtshof ab heute mit dem Vorwurf, ein Staat begehe Völkermord. Und einmal mehr wird in den kommenden Tagen die Schwäche der Vereinten Nationen sichtbar werden.
Im Oktober 2022 war es Russland, nun sitzt Israels Regierung auf der Anklagebank. Es ist wahrscheinlich, dass das Gericht Israel per einstweiliger Verfügung dazu verpflichten wird, den Krieg im Gazastreifen sofort zu beenden. Es ist aber ebenso sicher, dass das nicht passieren wird. Elfmal hatte das Gericht in den vergangenen zehn Jahren eine einstweilige Verfügung erlassen, etwas mehr als in den ersten 50 Jahren seiner Geschichte insgesamt. Nur gut die Hälfte der Anordnungen wurde befolgt, obwohl sie eigentlich bindend sind.
Begeht Israel Völkermord oder nicht? Das entscheidet das Gericht. Aber sein Urteil ist nichts wert, weil es an Sanktionsmöglichkeiten fehlt. Noch viel mehr fehlt es jedoch an Mechanismen, um bewaffnete Konflikte zu verhindern und beizulegen. Stattdessen fachen auch Staaten, die sich hinter Klagen vor dem IGH stellen, gerne selbst mal Kriege an, indem sie Kriegsparteien mit Waffen ausrüsten. Im Jemen, in Syrien, in Libyen und in vielen afrikanischen Ländern wurden so Kriege in die Länge gezogen.
Mehr als eine einstweilige Verfügung aus Den Haag braucht der israelisch-palästinensische Konflikt einen klaren Plan. Und das Bekenntnis, diesen auch durchzusetzen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.