Strom und Treibstoff deutlich teurer auf Kuba
Kuba kämpft mit vielen Preis- und Zollerhöhungen gegen die ökonomische Krise
Anfang letzter Woche kündigte Finanzminister Vladimir Regueiro an, dass sich der Preis für Benzin und Diesel ab dem 1. Februar von derzeit 25 auf 132 kubanische Pesos (CUP) verfünffachen wird. Touristen zahlen für Treibstoff künftig in ausgewählten Tankstellen in Devisen. Darüber hinaus kündigte die Regierung eine 25-prozentige Erhöhung der Strompreise für Großverbraucher im Privatsektor sowie eine Anhebung der Flüssiggas-Tarife an. Es folgte die Ankündigung von Tarifanhebungen für den interprovinziellen Busverkehr ab 1. März um bis zu 400 Prozent, für den Schienenverkehr um 600 Prozent und für den Luftverkehr um 468 Prozent.
Zum 1. Januar waren bereits die Einfuhrzölle auf Fertigwaren angehoben worden, gleichzeitig wurden sie für den Rohstoffimport um 50 Prozent gesenkt. Hinzu kommen weitere Zoll- und Steuererhöhungen vor allem für private Wirtschaftsakteure.
Kubas Präsident Díaz-Canel erklärte, dass die jüngsten Preiserhöhungen für Benzin, Strom und Transport darauf abzielen, »Verzerrungen zu korrigieren« und – in Anspielung auf die US-Blockade – »die wirtschaftliche Belagerung zu durchbrechen, die darauf abzielt, uns zu ersticken«. Kuba befindet sich seit drei Jahren in einer schweren Krise. Im vergangenen Jahr ist die Wirtschaft der Insel um ein bis zwei Prozent geschrumpft, nachdem sie bereits in der Pandemie stark eingebrochen war. Die Inflation lag offiziell bei rund 30 Prozent; die informelle Inflation dürfte um einiges höher sein. Ende des Jahres kündigte die Regierung dann einen der größten makroökonomischen Anpassungspläne der letzten Jahrzehnte für 2024 an. Dieser sieht neben Tariferhöhungen das Ende der allgemeinen Subventionen für Grundnahrungsmittel vor, um das gewaltige Haushaltsdefizit zu reduzieren.
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Ökonomen warnen, dass die Preis- und Zollanhebungen zu einer höheren Inflation, einer verstärkten Dollarisierung und der weiteren Abwertung des CUP beitragen könnten. Der private Transportsektor werde die Preise anheben »und das wird sich auf die Bevölkerung auswirken«, prognostiziert der unabhängige Ökonom Omar Everleny Pérez gegenüber AFP. Juan Triana vom Studienzentrum der kubanischen Wirtschaft kritisiert auf dem Onlineportal OnCuba vor allem die Steuer- und Zollerhöhungen. »Wenn der Kampf gegen die Inflation darin besteht, eine ihrer Hauptursachen zu beseitigen, erscheint es inkonsequent, die Einfuhr von Fertigerzeugnissen zu erschweren.« So waren es 2023 vor allem neue private kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die mit ihren Importen das Warenangebot merklich verbessert haben.
»Wo wäre die Inflation heute, wenn die nichtstaatlichen Akteure diese Waren nicht eingeführt hätten?« fragt Triana. »Alles, was kurzfristig zu einer Verringerung des Angebots an Endprodukten beiträgt, ob importiert oder im Inland produziert, wird eine prozyklische, inflationäre und regressive Wirkung haben, da es die Kaufkraft der Löhne und Einkommen verringert, wovon in erster Linie die unteren Einkommensschichten unseres Landes betroffen sind, es sei denn, dass zur gleichen Zeit und im gleichen Zeitrahmen andere Maßnahmen diese Wirkung ausgleichen.« Eine solche Maßnahme wäre laut Triana eine Stärkung staatlicher Devisenläden und deren Öffnung für ausländische Unternehmen. Doch könnte diese, so der Ökonom, »die Dollarisierung der Wirtschaft verstärken, indem sie zu einem Anstieg der Dollarnachfrage beiträgt und die Abwertung des kubanischen Peso begünstigt, ein Ergebnis, das im Widerspruch zu einer der Prioritäten des Stabilisierungsprogramms steht, nämlich der schrittweisen Entdollarisierung der Wirtschaft.«
Auch die Einrichtung von in Devisen operierenden Tankstellen leistet der Dollarisierung Vorschub. »Kubanische Kunden haben die gleiche Möglichkeit, in konvertierbarer Währung zu bezahlen wie Ausländer«, sagte Finanzminister Regueiro. Man kann sich ausmalen, welche Tankstellen bei der Versorgung mit Benzin »priorisiert« werden, zumal es erklärtes Ziel der Regierung ist, mit den »Devisen-Tankstellen« Gelder für den Import von Treibstoff zu erwirtschaften. Die Einrichtung staatlicher Devisenläden Ende 2019 hatte damals das Ende der CUP-Läden bedeutet.
»Es muss mehr getan werden«, befindet Triana, »vor allem in die andere Richtung, nämlich die Erhöhung des Steueraufkommens, die Förderung und Erleichterung der Gründung von Tausenden neuer KMU und Genossenschaften. Die Staatsunternehmen müssen ein für alle Mal entschuldet werden, und zwar mit der gebotenen Eile.« Allein Subventionen zu kürzen und Zölle zu erhöhen sei keine Garantie dafür, dass sich die Situation, in der sich das Land heute befindet, nicht wiederhole.
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