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Polizei sortiert nach »Phänotypen«

Studie verweist auf »rassistische Brille« in Bund und Ländern

Polizeikontrollen erfolgen selektiv, dabei spielt auch das Aussehen der Person eine Rolle. Das verstößt gegen das Grundgesetz.
Polizeikontrollen erfolgen selektiv, dabei spielt auch das Aussehen der Person eine Rolle. Das verstößt gegen das Grundgesetz.

Die deutsche Polizei folgt bei ihren anlasslosen Kontrollen rassistischen Mustern. So hat es im November eine repräsentative Bevölkerungsbefragung des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) belegt. Der von acht Stiftungen als unabhängiges, wissenschaftliches Gremium gegründete Verband hat darin ermittelt, dass Personen, die angeben, aufgrund von äußerlichen Merkmalen als ausländisch wahrgenommen zu werden, doppelt so häufig (8,3 Prozent) von der Polizei kontrolliert werden wie Personen, bei denen das nicht der Fall ist (4,4 Prozent). Polizeibehörden verstoßen mit dieser Praxis gegen das Diskriminierungsverbot in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Ähnlich hatte dies bereits die EU-Grundrechteagentur in einer Studie festgestellt: 33 Prozent der schwarzen Menschen in Deutschland gaben an, dass sie in den vorangegangenen fünf Jahren von der Polizei kontrolliert wurden. Die Hälfte von ihnen empfand dies als rassistisch.

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Das Bundesinnenministerium spielt die Befragung aber herunter. Diese sei »differenziert zu betrachten und einzuordnen«, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Linke-Abgeordneten Gökay Akbulut zu der SVR-Studie: So sei etwa unklar, ob die Ergebnisse wirklich auf eine »rassistische Brille« der Polizei zurückzuführen seien. Dies sei auch in der Studie so erwähnt.

Zu dem Begriff »rassistische Brille« verweist der SVR tatsächlich darauf, dass zusätzliche Effekte eine Rolle spielten und »Ungleichheitsmechanismen« ineinandergriffen. Auch Alter und Geschlecht wirkten sich auf die Wahrscheinlichkeit aus, von der Polizei kontrolliert zu werden, heißt es in der Studie. Dies ist aber nicht weniger alarmierend: Für junge differente Männer in der Altersgruppe von 15 bis 34 Jahren liegt die Kontrollwahrscheinlichkeit demnach signifikant höher. Auch bei Frauen zeige sich dieses Ungleichgewicht, jedoch nicht so deutlich.

In ihren Datenbanken folgen die Polizeien in Deutschland ebenfalls rassistischen Mustern. Beschuldigten, Tatverdächtigen oder anderen Personen können rund 100 »Volkszugehörigkeiten« zugeordnet werden, darunter »Abchase«, »Kosovo-Albaner« oder »Weißrusse«. Unterschieden werden auch 19 unterschiedliche »Phänotypen«, darunter »europäisch«, »nordostafrikanisch« und »südasiatisch«. So steht es in einer im Dezember 2023 veröffentlichten Unterrichtung des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) an den Bundestag.

Zu diesen Einteilungen gehört auch der Katalogwert »indianisch«, allerdings wird der nicht in allen Bundesländern genutzt. Nach Kritik hat Berlin diesen Wert beispielsweise im Dezember abgeschafft. Auch bei den »Volkszugehörigkeiten« hat Berlin aufgeräumt und etwa den Wert »Pommern (polnisch verwaltet)« gestrichen.

»Eine grundlegende Änderung ist jedoch nicht in Sicht, sodass die rassifizierende Typisierung weiterhin alltäglich in der Polizeiarbeit sichtbar tradiert werden wird«, schreibt das DIMR zu den »Phänotypen« bei Bund- und Länderpolizeien.

Diese Kritik will das Bundesinnenministerium ebenfalls nicht ernst nehmen. Zwar dürfe »niemand wegen seiner Abstammung oder Rasse benachteiligt oder bevorzugt werden«, heißt es in der Antwort auf eine weitere Anfrage von Gökay Akbulut. Die Einordnung in »Phänotypen« sei aber in Polizeigesetzen erlaubt. Merkmale für die Sortierungen seien etwa Augen-, Haut- und Haarfarbe.

»Die polizeiliche Praxis, die sich bei Personenbeschreibungen rassistischer Vorurteile und Stereotypisierungen bedient, muss gestoppt werden«, sagt dazu Gökay Akbulut »nd«. An einer Strategie, wie rassistische Diskriminierung bei der Datenverarbeitung vermieden werden kann, sei die Bundesregierung offensichtlich nicht interessiert. »Auch bei verdachtsunabhängigen Polizeikontrollen vermisse ich ein echtes Problembewusstsein«, so die Fragestellerin.

Nun soll das Thema im neuen Bundespolizeigesetz adressiert werden. So will die Bundesregierung laut dem Entwurf zu der Novelle eine »Kontrollquittung« einführen. Betroffene können sich darin den Grund der Polizeimaßnahme bescheinigen lassen, dies soll die spätere Überprüfung erleichtern, ob es sich um eine Diskriminierung handelte. Das Innenministerium verspricht sich davon auch »mehr Bürgernähe und Transparenz«. Das Gesetz soll noch diesen Monat im Innenausschuss behandelt werden.

Die geplanten »Kontrollquittungen« schaffen die rassistischen Polizeikontrollen aber nicht ab. Das sagt auch Hendrik Cremer, der für das DIMR Empfehlungen für die Bundespolizei verfasst hat. Er fordert darin, die Erlaubnis für anlasslose Kontrollen in Polizeigesetzen komplett zu streichen.

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