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Gegen den Bearbeitungsstau: Berlin modernisiert Einbürgerungen

Berlins neues Landeseinbürgerungszentrum gibt sich modern und effizient, doch es fehlt an Personal

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 4 Min.

Es riecht neu, die weißen Steinböden glänzen und die Fenster sind frisch geputzt. Schick und steril wirkt das neue Berliner Landeseinbürgerungszentrum in der Sellerstraße in Wedding, wo Berlin*innen seit Anfang des Jahres zu Deutschen werden können.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) ist stolz. Das zeigt sich am Mittwochvormittag nicht nur an ihrem breiten Lächeln, das betont sie auch selbst. »Ich glaube, Herr Mazanke, wir haben das sehr gut gemacht«, wendet sie sich an Engelhard Mazanke, Leiter des Landesamtes für Einwanderung (LEA), wo die Einbürgerungsbehörde angesiedelt ist. Vor zwei Jahren hatte Spanger unter der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey die Herausforderung angenommen, bis 2023 Einbürgerungen nicht mehr auf Bezirksebene, sondern zentral im »modernsten Landeseinbürgerungszentrum« abzuwickeln.

Was das bedeutet, zeigt die neue Abteilungsleiterin Wiebke Gramm bei einem Rundgang durch das neu bezogene Gebäude. Während im Erdgeschoss mit besagtem Steinboden und »angemessenem Ambiente« die Einbürgerungen stattfinden, liegen die Arbeitsplätze im mit Teppichboden ausgelegten ersten Stock. Hier finde kein Kundenkontakt statt, betont Gramm. Denn dank digitaler Akten und einem Online-Antragssystem müssten Menschen auf dem Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft nur ein einziges Mal persönlich vorsprechen: zur Einbürgerung selbst.

Durch den mehr oder weniger papierlosen Prozess ohne Terminstress sollen die Verfahren schneller vorangehen. Das ist auch dringend notwendig: Zurzeit warten in Berlin 40 000 Anträge auf Bearbeitung, Antragstellende mussten sich zum Teil mehrere Jahre lang gedulden – Jahre, in denen sie sonst schon die Rechte deutscher Staatsbürger*innen hätten nutzen können.

Auf die Frage, wann die Digitalisierung der Akten abgeschlossen sei, kann Gramm zwar nur mit dem unpräzisen Wörtchen »zeitnah« antworten. Mazanke hält es doch bereits für einen Erfolg, dass das Konzept der digitalen Anträge überhaupt funktioniert. »Vor sechs Wochen hieß es noch: Nie im Leben kommt das rechtzeitig«, bezieht er sich auf kritische Medienberichte vor der Eröffnung.

Zweifel gab es vorab auch an der geplanten Stellenbesetzung. Waren zuvor insgesamt 90 Stellen auf Bezirksebene für Einbürgerungsverfahren zuständig, stehen dem zentralen Amt nun 210 Stellen zur Verfügung. Davon sind derzeit 139 Stellen besetzt, 45 mit aus den Bezirken übergewanderten Fachkräften, der Rest mit neuen Mitarbeiter*innen. Das heißt: Ein Drittel ist noch unbesetzt.

Spranger und Mazanke geben sich trotzdem zuversichtlich, dass das selbstgesteckte Ziel erreicht wird: Mindestens 20 000 Einbürgerungen will die Behörde jährlich abwickeln, 2023 gab es nur 8000 abgeschlossene Verfahren, bei rund 15 000 Anträgen pro Jahr. Doch die Zahl der Anträge könnte in diesem Jahr erheblich steigen: Im April will die Bundesregierung das Staatsangehörigkeitsgesetz ändern und die Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland von acht auf fünf Jahre senken. »Es ist ganz schwer zu sagen, wie sich die Zahlen dann entwickeln«, sagt Mazanke.

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Dass das Einbürgerungszentrum bereits einbürgern kann, stellen die Verantwortlichen am Mittwoch gleich unter Beweis. Fünf junge Erwachsene bekennen sich zu Deutschland und dürfen dann ihre Einbürgerungsurkunde entgegennehmen. »Sie werden heute Deutsche, und damit gehören Sie zu uns«, sagt Mazanke feierlich.

Bei den strahlenden Gesichtern lässt sich leicht vergessen, dass sich die Berliner Ausländerbehörde unter Schwarz-Rot zu einer Abschiebebehörde gemausert und die Zahl der »Rückführungen« erheblich gesteigert hat. Wer nicht von Abschiebung bedroht ist, aber über einen befristeten Aufenthaltstitel verfügt, der steht unter Umständen wegen fehlender Termine und monatelanger Wartezeiten beim LEA vor existenziellen Nöten. Mazanke bezeichnet seine Behörde deshalb weiterhin als »dysfunktional«. »Die Kritik an Wartezeiten ist berechtigt, aber diese hat ihre Gründe«, sagt er: Ukraine-Krieg, mehr Geflüchtete aus aller Welt, verzögerte Einreisen von ausländischen Studierenden und Fachkräften durch die Pandemie, das alles habe zu der derzeitigen Überlastung beigetragen.

Von der Einbürgerungszentrale erhofft er sich aber eine langfristige Entlastung der gesamten Behörde. Dank der digitalen Akte entfalle der zeitaufwendige Informationsaustausch zwischen den unterschiedlichen Abteilungen. »Sie klicken und haben die ganze Akte vor sich, wo sie vorher drei Briefe schreiben mussten.«

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