Landtagswahlen in Sachsen: Die Landesmutter und der Landesspalter

CDU, SPD und FDP stellen Bewerber für sächsische Landtagswahl auf. Kretschmer und Köpping als Spitzenkandidaten

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Der CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer mit der SPD-Ministerin für Gesundheit und Soziales Petra Köpping (Archivbild).
Der CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer mit der SPD-Ministerin für Gesundheit und Soziales Petra Köpping (Archivbild).

Viele Jahre lang warrn Listenaufstellungen vor Landtagswahlen bei der CDU in Sachsen reine Formalie ohne praktische Bedeutung. Kandidaten der Partei gewannen alle oder fast alle der 60 Wahlkreise; wer darüber hinaus auf der Liste stand, war irrelevant. Das hat sich geändert. 2019 gingen 15 Wahlkreise an die AfD verloren, drei an die Grünen, einer an die Linke. Vier Mitglieder der aktuellen, 45-köpfigen Fraktion kamen über die Liste zum Zuge. Und weil die AfD in Umfragen derzeit im Freistaat führt, wird es auch für CDU-Politiker immer wichtiger, ob und wo sie auf dieser platziert sind.

Entsprechend interessiert wurde die Bewerberaufstellung am Samstag verfolgt – bei der freilich im Wesentlichen der Vorschlag des Landesvorstands bestätigt wurde. Zum Spitzenkandidat wurde mit knapp 95 Prozent Ministerpräsident und CDU-Landeschef Michael Kretschmer gewählt, gefolgt von Kulturministerin Barbara Klepsch, die als künftige Landtagspräsidentin gehandelt wird.

Aufmerksam registriert wurde, dass Fraktionschef Christian Hartmann auf Platz 5 ein besseres Ergebnis erzielte als Kretschmer. Drei derzeitige Minister rangieren auf den Plätzen 11, 13 und 15; Innenminister Armin Schuster steht gar nicht auf der Liste, sondern bewirbt sich nur um ein Direktmandat. Kretschmer kritisierte in seiner Rede erneut die Berliner Ampel-Koalition, die »keinen Konsens sucht, sondern einfach über alle Köpfe hinweg etwas entscheidet« und so die Bürger »gegen sich aufbringt«.

Der Regierungschef sprach sich gegen eine Minderheitsregierung nach der Wahl aus: Man brauche »stabile Verhältnisse«. Die aktuelle Koalition aus CDU, Grünen und SPD muss Umfragen zufolge um eine erneute Mehrheit bangen.

Das liegt auch an den schwachen Werten für die SPD, die momentan zwischen drei und sieben Prozent gehandelt wird. Sie wählte ebenfalls am Samstag Sozialministerin Petra Köpping mit 96 Prozent zur Spitzenkandidatin. Diese bezeichnete sich in ihrer Bewerbungsrede als »Kandidatin der stillen Mitte« und sprach sich gegen Populismus und Polarisierung aus.

Landeschef Henning Homann erklärte unter Anspielung auf Kretschmer, Sachsen brauche eher »eine Landesmutter als einen Landesspalter«. Homann wurde auf Platz 2 der Liste gewählt, gefolgt von fünf weiteren derzeitigen Abgeordneten. Die SPD stellt aktuell zehn von 119 Abgeordneten. Die schwachen Umfragewerte im Bund bereiten der Partei ebenso Sorgen wie eine Fördermittelaffäre in Köppings Ministerium, zu deren Aufklärung die AfD noch vor der Landtagswahl einen Untersuchungsausschuss einsetzen will.

Bewerber für den Landtag stellte am Samstag auch die FDP auf, die freilich seit 2014 nicht mehr im Parlament vertreten ist und mit Umfragewerten von drei Prozent erneut um den Einzug bangen muss. Spitzenkandidat ist erstmals der Dresdner Stadtrat Robert Malorny. Die Kandidatenkür wurde überschattet vom wenige Tage zuvor erfolgten Parteiaustritt des langjährigen Landeschefs Holger Zastrow. Dieser warf der FDP vor, sich »verrannt« zu haben.

Erst im März stellen Linke und Grüne ihre Listen auf. Chancen auf einen Einzug ins Parlament rechnen sich auch die Freien Wähler aus. Zudem wird davon ausgegangen, dass das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Sachsen antritt.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.