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Antidiskriminierungsklausel: Grundrechte trumpfen gute Absicht

Gemischte Reaktionen auf Absage der Antidiskriminierungsklausel für Kulturförderung

Die umstrittene Antidiskriminierungsklausel des Berliner Kultursenats ist fürs Erste Geschichte. Am Montag erklärte Kultursenator Joe Chialo (CDU), dass die am 21. Dezember eingeführte Klausel ab sofort keine Anwendung in Zuwendungsbescheiden mehr finde. Begründet wurde die Absage mit juristischen Bedenken, dass die Klausel in dieser Form nicht rechtssicher sei. Chialo erklärte, er werde sich weiter für die diskriminierungsfreie Entwicklung der Berliner Kultur einsetzen. »Ich muss aber die juristischen und kritischen Stimmen ernst nehmen, die in der eingeführten Klausel eine Beschränkung der Kunstfreiheit sahen«, so Chialo Weiter

Der Senat hatte geplant, Kulturförderung durch das Land davon abhängig zu machen, dass Antragssteller*innen die Klausel unterzeichnen. In der Debatte ging es dabei vor allem darum, dass die Antisemitismusdefintion der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) mit einer Ergänzung der Bundesregierung zur Anwendung kommen sollte.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kündigte als Reaktion auf die Rücknahme an, man werde eine rechtssichere Grundlage schaffen. Er sei dafür, »den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in der Verfassung des Landes Berlin zu verankern«. Man werde das in der Koalition, im Senat und im Abgeordnetenhaus beraten.

Die Entscheidung, die Klausel zurückzunehmen, sorgte für gemischte Reaktionen. Jochen Feilcke etwa, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg erklärte, seine Organisation bedauere, dass sich Kultursenator Joe Chialo dem Druck aus der Kulturszene gebeugt habe. »Chialo hätte es auf juristische Auseinandersetzungen ankommen lassen können. Leider hat ihn und seine Verwaltung an dieser Stelle der Mut verlassen.«

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Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland erklärte in einer Pressemitteilung, er sei Joe Chialo für seinen Vorstoß dankbar, auch wenn die Anwendung der Klausel nun vorerst ausgesetzt wird. »Es bleibt zu hoffen, dass eine juristisch fundierte Lösung schnellstmöglich erarbeitet und umgesetzt wird«, so Schuster weiter. »Der Kern der Klausel bleibt wichtig: die Verhinderung der staatlichen Förderung von menschenfeindlichen oder diskriminierenden Inhalten.«

Manuela Schmidt, Sprecherin für Kultur der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, zeigte sich erleichtert über den Schritt des Senators. »Ich kann nachvollziehen, wohin der Senator wollte, nämlich zu einer Auseinandersetzung über Antisemitismus, die in der Kultur genauso wie in der Gesellschaft geführt werden muss. Aber der eingeschlagene Weg war falsch«, so Schmidt im Gespräch mit »nd«. »Mit der Klausel wurden Künstler ohne Dialog unter einen Generalverdacht gestellt.« Es sei wichtig, jetzt in einen Prozess einzusteigen, denn am Ende gehe es ja darum, gemeinsam gegen Antisemitismus, Rassismus und jegliche Form von Diskriminierung vorzugehen.

Die Einführung der Klausel war auf heftige Kritik gestoßen. Für besonderes Aufsehen sorgte dabei ein offener Brief aus der Berliner Kunst- und Kulturszene, mit dem mittlerweile fast 6000 Unterzeichner*innen unter anderem gegen »die politische Instrumentalisierung von Antisemitismusklauseln« protestieren. Schon vor der Einführung der Klausel in Berlin gab es juristische Bedenken, die IHRA-Definition als Regulierungsinstrument einzuführen. In einer Stellungnahme renommierter Jurist*innen auf dem »Verfassungsblog« schreiben die Autor*innen, die Definition sei zu unpräzise, um Rechtssicherheit zu erzeugen oder Behördenpraxis zu etablieren. Erfahrungen aus Kontexten, in denen sie als Regulierungsinstrument diente, würden zeigen, dass sie für erhebliche Einschränkungen von Grundrechten genutzt werde.

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