Luxus-Kaufhäuser in Schwierigkeiten

Nach der Signa-Pleite meldet auch die Kadewe-Gruppe Insolvenz an

  • David Rojas Kienzle
  • Lesedauer: 4 Min.
Bald kein Einsatz mehr? Schaufensterpuppen im Kadewe
Bald kein Einsatz mehr? Schaufensterpuppen im Kadewe

Der Mutterkonzern des zweitgrößten Warenhauses Europas hat Insolvenz angemeldet: Übereinstimmenden Medienberichten zufolge reichte die Kadewe-Gruppe am vergangenen Freitag beim Amtsgericht Charlottenburg einen Insolvenzantrag ein, die Mitarbeiter*innen sollen am Montag darüber informiert worden sein, am Dienstag könnte das Amtsgericht das Verfahren öffentlich machen. Ist es also am Ku’Damm bald vorbei mit Luxus auf 60 000 Quadratmetern Verkaufsfläche?

Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, hält diese Befürchtung für übertrieben: »Das Kadewe performt so, dass man national und international neidisch hinschaut. Von den Umsatzzahlen ist das Haus zweistellig über dem Jahr 2019, vor der Corona-Pandemie und vor dem Krieg in der Ukraine. Das Kadewe ist nicht in Nöten«, so Busch-Petersen im Gespräch mit »nd«. Wenn die Insolvenz eingeleitet werde, halte er das für eine Maßnahme zur Gesundung und Zukunftssicherung.

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Damiano Valgolio, Sprecher für Arbeit und Wirtschaft der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, ist da skeptischer: »Die Insolvenz kann durch das Insolvenzgericht nur eröffnet werden, wenn Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Es kann sein, dass die Central-Group den Geldhahn zudreht, um das künstlich zu erzeugen, aber es muss schon ein Insolvenzgrund vorliegen«, so Valgolio im Gespräch mit »nd«. Das Insolvenzverfahren zeige, dass die Signa-Pleite nicht nur Immobilienprojekte bedroht, sondern auch, wie man schon bei Galeria Kaufhof gesehen habe, Unternehmen anderer Branchen mit in den Abgrund gerissen werden könnten. »Da muss gegengesteuert werden.« Die Kadewe-Gruppe gehört zu 50,1 Prozent der Central-Group, zu 49,9 Prozent der Signa-Gruppe, deren Insolvenz im vergangenen November zu Verwerfungen geführt hat.

Bei der Insolvenz des Konzerns, dem auch die Luxus-Kaufhäuser Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München gehören, soll es sich um eine Insolvenz in Eigenverwaltung handeln. Dabei wird der Geschäftsführung ein Sanierer zur Seite gestellt und ein gerichtlich bestellter Sachverwalter überwacht das Verfahren. Für das Unternehmen bietet diese Form der Insolvenz die Möglichkeit, Verträge neu zu verhandeln.

Mit Sicherheit werden die Mietverträge neu verhandelt. Bei Warenhäusern werden Umsatzmieten vereinbart, das heißt, die Mieten bestimmen sich durch den Umsatz, der im Haus gemacht wird. Normal sind dabei sechs bis maximal zehn Prozent. Laut einem Bericht vom »Handelsblatt« aus dem Dezember 2023 liegen die Mieten bei allen Häusern weit über dieser Spanne: im Oberpollinger 20 Prozents, im Alsterhaus 17 Prozent und im Kadewe 13 Prozent. »Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Kadewe-Gruppe über die Insolvenz aus dem Mietvertrag herauslösen will«, so Busch-Petersen. Das auch zur Signa-Gruppe gehörende Kaufhaus-Unternehmen Galeria Karstadt Kaufhof war unter anderem deswegen in Schieflage geraten, weil die Mieten für die Kaufhäuser, die teilweise Unternehmen aus dem Signa-Geflecht gehören, enorm hoch waren.

Das Kadewe wiederum hat mächtige Fürsprecher*innen und Unterstützer*innen. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) erklärte zum Insolvenzverfahren, dass es das Ziel des Senats sei, alles mögliche zu tun, um für den Erhalt des Kadewe zu sorgen. »Das Kadewe ist eine echte Warenhausikone und gehört als Deutschlands bekanntestes Kaufhaus seit über 100 Jahren zu den Wahrzeichen unserer Stadt«, so Giffey. Sie sei trotz der schwierigen Lage zuversichtlich, dass es auch dieses Mal gelingen werde, eine gute Zukunftsperspektive für das Haus zu entwickeln. Man stehe dazu im engen Austausch mit der Kadewe-Gruppe.

Welche Folgen die Insolvenz für die Mitarbeiter*innen des Konzerns haben wird, ist nicht klar. Sollte das Unternehmen die Gehälter nicht weiter zahlen können, können Arbeitnehmer*innen bei der Agentur für Arbeit Insolvenzgeld beantragen, das für maximal drei Monate gezahlt wird. Dieses wird über eine Umlagezahlung aller insolvenzfähigen Arbeitgeber finanziert. »Komme, was wolle, das Personal muss gehalten werden, es darf keine Abwicklung der Insolvenz auf Kosten der Arbeitsplätze geben«, so Valgolio.

Auf die öffentliche Hand könnte einiges an Kosten zukommen. 2020 hatte das Unternehmen wegen der Schwierigkeiten im Einzelhandel durch die Corona-Pandemie einen Betriebsmittelkredit in Höhe von 90 Millionen Euro bei der Großbank BNP aufgenommen. Für diesen hatten die Länder Berlin, Bayern und Hamburg sowie der Bund eine Bürgschaft über 90 Prozent der Kreditsumme gegeben. Durch die Insolvenz müssen aller Wahrscheinlichkeit nach die Bürgen einspringen.

Auf ein Anfrage von »nd« zur Höhe der Bürgschaft des Landes Berlins reagierte der Senat bis Redaktionsschluss nicht, in der Vergangenheit wurde diese unter Verweis auf die Vertraulichkeit nicht öffentlich gemacht. Die Summe dürfte aber nicht unerheblich sein, die Anteile wurden »nach Maßgabe eines zwischen allen Bundesländern und dem Bund vereinbarten Verteilungsschlüssels (Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Vollzeitäquivalente) abgeleitet«, wie der Senat im März 2021 auf eine Anfrage der Linke-Politikerin Gabriele Gottwald antwortete. Das Kadewe beschäftigt mit Abstand die meisten Angestellten in der Kadewe-Gruppe.

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