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Pakistans unfreie Wahlen

Terroranschläge und eine demontierte Opposition prägen das Vorwahlszenario

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 4 Min.

Seit Monaten sorgen sich Experten und Menschenrechtler in Pakistan über unfreie Wahlen, nachdem Pakistans Justiz die Opposition weitgehend demontiert hat. Kricket-Legende Imran Khan, der die Parlamentswahl im Jahr 2018 gewonnen hatte, ist dafür das beste Beispiel. Der in der Bevölkerung immer noch beliebte Khan wurde erst vor wenigen Tagen wegen Verrats von Staatsgeheimnissen und Korruption zu zehn Jahren Haft verurteilt, ebenso wie sein früherer Außenminister Shah Mahmud Qureshi. Die Anklage lautete auf Verrat von Staatsgeheimnissen, wofür schlimmstenfalls sogar die Todesstrafe gedroht hätte. Im Fokus stand dabei jene Geheimdepesche aus der Botschaft in Washington, die Imran Khan seinerseits stets als Beweis dafür ins Feld führte, dass die USA in seinen Sturz verwickelt gewesen sein sollen. Im April 2022 war der Wahlsieger von 2018 per Misstrauensvotum abgesetzt worden. Die Führungsriege seiner Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) unterstellte eine Intrige der Spitzen von Militär und Geheimdienst eben unter Beteiligung der US-Amerikaner.

Nicht nur Imran Khan fehlt auf den Stimmzetteln

Eine gewöhnliche Wahl ist es nicht, die am 8. Februar ansteht. Denn nicht nur Imran Khan ist das Antreten verwehrt. Auch die PTI fehlt auf den Stimmzetteln. Der Grund ist, dass die Wahlkommission (ECP) ihr wegen »Verstößen gegen die innerparteiliche Demokratie« das Wahlsymbol entzogen hat – einen Kricketschläger, der an die frühere Sportkarriere des Gründers erinnert. Vor über 30 Jahren war Khan gefeierter Kapitän des Nationalteams. Der Oberste Gerichtshof gab in letzter Instanz der ECP in dem Streitfall Recht. Damit, so die Kritik vieler, machten sich sogar die Obersten Richter zu Erfüllungsgehilfen einer breiten staatlichen Kampagne gegen den populärsten Politiker und seine Partei. Gegner haben Khan mit einer ganzen Klageflut überzogen. Einem Großteil der PTI-Spitze wurde eine Kandidatur verweigert. Die unabhängige Menschenrechtskommission sieht eine faire Wahl nicht mehr gewährleistet, so kürzlich deren Vizechefin. Renommierte Juristen beklagen, mit welch immenser Hast unter Bruch rechtsstaatlicher Grundsätze die Urteile gegen Khan erlassen wurden – drei Urteile im Abstand nur weniger Tage.

Ohne das einheitliche Wahlsymbol, das sie vor allem für die vielen Analphabeten erkennbar gemacht hätte, müssen die PTI-Mitglieder als Unabhängige antreten – das schmälert ihre Chancen. Zumal die Stimmzettel diesmal besonders lang sind: Über 40 Kandidaten gibt es in manchen Wahlkreisen, insgesamt ist die Zahl um mehr als ein Drittel auf über 18 000 gestiegen. Zuletzt wurde indes bekannt, dass etliche der großen Parteien die gesetzliche Vorgabe verletzt haben, mindestens fünf Prozent Frauen aufzustellen. Was das für die Gültigkeit der Wahlergebnisse bedeuten könnte, ist noch unklar.

Nawaz Sharif gilt als der große Favorit

Als Favorit bei den Wahlen gilt die konservative Muslimliga (PML-N) unter dem Ende Oktober triumphal aus dem Londoner Exil heimgekehrten Nawaz Sharif. »Ich verspreche, dass wir das Land wieder aufbauen und die guten Zeiten zurückbringen werden«, sagte der Spitzenkandidat der Muslimliga PML-N vor rund 10 000 Teilnehmern bei einer Wahlkampfveranstaltung unweit der Hauptstadt Islamabad. Der dreifache Ex-Premier strebt eine vierte Amtszeit an. Eigentlich hätte er noch mehrjährige Haftstrafen aus Korruptionsprozessen abzusitzen – die Urteile von 2018 wurden aber unlängst aufgehoben. Nicht nur die PTI wettert deshalb gegen Justiz und Behörden. Sogar die sozialliberale Volkspartei (PPP), die nach Khans Sturz noch 16 Monate als Juniorpartner mit der PML-N koalierte, wirft dieser und der eigentlich neutralen Übergangsregierung inzwischen Behinderung vor. Ex-Außenminister und PPP-Chef Bilawal Bhutto-Zardari hofft aber zugleich, vom weitgehenden Kaltstellen der PTI zu profitieren, und setzt sich als »einzige ernsthafte Alternative« zu den Konservativen in Szene. Dabei gilt auch die Volkspartei vielen im Land als zutiefst korrupt. Sie ist vom Bhutto-Clan dominiert, die PML-N wiederum fest in der Hand von Nawaz, seinem jüngeren Bruder Shehbaz und neuerdings auch Tochter Maryam, die gern das politische Erbe ihres Vaters antreten will.

Derweil erschüttert eine immer ausgedehntere Gewaltwelle das Land. Nicht nur Anschläge der radikalislamischen Taliban (TTP) und des regionalen IS-Ablegers häufen sich. Auch Angriffe auf Kandidaten im Wahlkampf forderten zuletzt etliche Tote und Verletzte. Zudem ist Pakistan wirtschaftlich stark angeschlagen, hängt mit einem Notkredit von drei Milliarden US-Dollar am Tropf des Internationalen Währungsfonds (IWF), während die Inflationsrate zwischen 30 und 40 Prozent liegt. Stabile Zeiten sind in Pakistan bis auf Weiteres nicht in Sicht, den Versprechen von Nawaz Sharif zum Trotz.

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