Werbekampagne in Brandenburg: Von Motzen und Kotzen

Brandenburgs Werbekampagne zündet in den Medien

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Haben Sie schon die märkische Ortschaft Rotzen besucht? Nein? dann wird es Zeit. Und sollten sie es tun, dann würden Sie gewissermaßen der neuesten brandenburgischen Werbekampagne folgen. Nein, den Ort Rotzen gibt es in Brandenburg nicht. Aber Kotzen und Motzen. Die Landeswerber in der Potsdamer Staatskanzlei haben sich dieser gewöhnungsbedürftigen Ortsnamen erinnert. »Schöne Orte brauchen keine schönen Namen«, behaupten die Macher, womit sie auf eine ungewöhnliche Weise zum Besuch des Bundeslandes animieren wollen.

Erfolge der Landespolitik in den vergangenen Jahren waren rar gesäht. Diesmal ist es anders. Die Werbekampagne mit den anrüchigen Ortsnamen ist – entgegen anderslautender Behauptungen in den Medien – ein Erfolg. Denn gerade die Ablehnung ist es, die hier dem Werbespruch zum Durchbruch verholfen hat.

»Werbekampagne für kuriose Ortsnamen floppt« behauptet die »Berliner Morgenpost«. Einzig in Ranzig, einem Ortsteil der Gemeinde Taucher (Landkreis Oder-Spree), falle die Resonanz »überwiegend positiv aus«. Eine Sprecherin wird zitiert: Man unterstütze eine Maßnahme, »die auf humorvolle Art den Fokus auf unsere schöne Gemeinde lenkt«.

Seit einem halben Jahr wirbt die Landesregierung auf Großplakaten, in Radiospots und den sozialen Medien unter anderem mit Ortsnamen wie Kackrow, Knoblauch, Pitschen-Pickel, Protzen, Sargleben und Sauen für die Vorzüge der Mark. Eigentlich sollte die Kampagne am 3. Oktober enden. Doch sie wird weitergeführt, denn eine Werbekampagne ist dann erfolgreich, wenn man sich mit ihr befasst.

Brandenburg zeige »erneut selbstbewusst, was hinter der vermeintlichen Provinz steckt«, hatte Staatssekretär Benjamin Grimm zu Beginn der neuesten Kampagne gesagt. Die Idee zündet nicht deshalb, sondern eher, weil die bildungsbürgerliche Abscheu Aufmerksamkeit schafft. Die Kampagne erreichte selbst die »Süddeutsche Zeitung« (»SZ«): »Der Charme von Motzen und Kotzen« zitiert sie. Und nennt das Unternehmen eine »natürlich ganz hervorragende Idee«. Bei der Gelegenheit erfährt der Leser der »SZ« auch, dass es in Brandenburg ein Waterloo gibt, »ein Örtchen, das nichts mit dieser Geschichte zu tun hat, aber irgendwie vielleicht doch.« Neuer Werbe-Staat ließe sich auch mit real existierenden Brandenburger Ortsnamen Philadelphia, Afrika, Klein-Asien, Mexiko und Sibirien, Orion und Morgenland machen. Und nicht vergessen: »Von Busendorf sind es noch mal gut eineinhalb Autostunden bis nach Schabernack«, wie die »SZ« resümiert.

Wenig Humor beweist die Berliner »Taz« angesichts der Kampagne, »die für die angeblichen Vorzüge der ranzigen Mark werben soll«. Klischees ausbreitend heißt es bei den Westberliner Schlaumeiern weiter: »Über die Grenzen der kargen brandenburgischen Steppe hinaus, hörten viele jetzt zum ersten Mal von dieser Ranwanz-Aktion der Ost-Wortspielzentrale.« Natürlich, so die »Taz«, habe man nichts gegen niedriges Niveau und – »manchmal muss man die untersten Schubladen öffnen, um auch die schlichtesten Gemüter mitnehmen zu können. Aber dass die Potsdamer Reklamefritzen ihre Landesschäfchen für so dumm halten, dass sie auf Kacke und Pickel stolz sein könnten, das ist schon sehr brandenburgisch«. Wissen sie übrigens, was »Berlin« bedeutet? Es kommt aus dem Altslawischen und steht für »Morast« oder auch »Sumpfstadt«.

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