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»School of Champions«: Für Wintersportfans und Flachlandtiroler
In der Serie »School of Champions« eröffnet ein Ski-Internat für Hochbegabte, das den renditefixierten Sportkapitalismus nachstellt
Der Weg des Homo kapitalensis ist anscheinend unterschiedlich motorisiert. Während das Schweizer Sport-Ass Nawal (Luna Mwezi) im brandneuen SUV Stuttgarter Bauart vor die Ski-Akademie Gastein rollt, fährt der ortsansässige Landwirt Strobl (Thomas Mraz) seine ähnlich ambitionierte Tochter Dani (Emilia Warenski) mit einer rostigen VW-Pritsche zur »School of Champions«, um in der gleichnamigen Serie kostenpflichtig zum Profi gedrillt zu werden.
Schon zu Beginn des ersten von acht Teilen ist der soziale Graben damit sichtbar ausgehoben: Hier stinkreiche Eidgenossen, die ihre verwöhnten Gören auf einer elitären Einrichtung zur Höchstleistung treiben und das auch materiell repräsentieren, dort arme Agrarier, denen solche Flausen nur das knappe Budget sprengen und nebenbei noch familiäre Erntehelfer abspenstig machen. Die Konfliktlinien sind also klar in dieser Koproduktion von ORF, BR und SRF. Soweit der erste Eindruck.
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Beim zweiten Hinsehen skizziert die fiktionale Leistungssportstudie des jungen »Tatort«-Autors Samuel Schultschik zwar das ausgeklügelte Ausbildungssystem talentierter Nachwuchsathleten. Doch seine zwei Regisseure Dominik Hartl und Johanna Moder dürfen dies ein Stück abseits abgegriffener Klischees von Hockey-Mum bis Working-Poor tun. Dani Strobl, buchstäblich verkörpert vom schauspielerisch talentierten Teenager Emilia Warenski (»Steirerrausch«), bleibt folglich ebenso wenig die, die sie zu sein scheint, wie ihre Konkurrentin Nawal.
Letztere ist nämlich nicht nur Schwarz und damit das exakte Gegenteil alpiner Wintersportstereotypen; sie will auch noch gegen alle Bedenken ihrer unambitionierten Mutter unbedingt einen der zehn begehrten Gasteiner Startplätze – den sich die durchtriebene Dani übrigens von ihrer weitaus besseren Zwillingsschwester erschlichen hat, ohne dass der ruhmsüchtige Papa was davon gemerkt hat oder merken wollte.
So finden sich beide kurz darauf als Zimmergenossinnen der Kaderschmiede des aasigen Verwaltungsratsvorsitzenden Schiesstl (Gregor Seberg) wieder, der seinen Anstaltsleiter Mark Auer (Jakob Seeböck) nötigt, den frischen U16-Jahrgang nicht bloß sportlich, sondern wirtschaftlich zu besetzen. Schließlich ist das Internat vom Geld regionaler Investoren abhängig. Und die wollen Lokalkolorit gepaart mit Weltgeltung, weshalb der frühere Skistar Auer sowohl seinen flatterhaften Sohn Nikki (Imre Lichtenberger) als auch die minderbegabte Dani in den erlesenen Kreis aufnimmt.
Einer, dem es – wir befinden uns hier schließlich im öffentlich-rechtlichen Unterhaltungsangebot – natürlich nicht nur um »Wille, Disziplin und drei Dinge: Training, Training, Training« geht, wie der Schuldirektor die Neuen begrüßt. Nein, es wird auch allerlei Allzumenschliches Heranwachsender ausgehandelt. Freundschaft, Konkurrenz, Liebe, Loyalität, Abgrenzung, Ausgrenzung – der gut gefüllte Besteckkasten moderner Coming-of-Age-Stoffe also, den David Schalko hier mal nicht mit österreichischem Aberwitz füllt. Im Gegenteil.
Vollständig humorlos zwängt seine Produktionsfirma Superfilm die Persönlichkeitsbildung ihrer Protagonisten in ein sportkapitalistisches Korsett, das beidem – Pubertät und Politik – genügend Raum zur freien Entfaltung lässt. Während das Trainerduo Franzi (Josephine Ehlert) und Albin (Ferdinand Hofer) die Teenager also physisch an ihre Belastungsgrenzen bringt, die sie mit reichlich Hormonen und Alkohol auch psychisch ausloten, holt der Suizid eines vermeintlich überforderten Schülers den Mikrokosmos Ski-Internat in den Makrokosmos Ellbogengesellschaft.
Mit einer sehenswerten Portion Ski-Akrobatik vor dem malerischen Bergmassiv im Salzburger Land wird die Aufstiegschance schließlich als Teil der perfiden Selbst- und Fremdausbeutungsmaschinerie Profibusiness entromantisiert. »Es geht hier nicht um Sport, es geht um Politik«, unterlegt der wasserstoffblondierte Skifunktionär Schiesstl seine Forderung nach Lokalkolorit im Kader, setzt sich dabei gegen den moralisch aufrechten Akademie-Chef durch und untermalt somit ein System wechselseitiger Rivalitäten, das sogar Verwandte aufeinanderhetzt.
Deutschland gegen Österreich, Stadt gegen Land, arm gegen reich, konservativ gegen fortschrittlich, jung gegen alt, stark gegen schwach, Schwester gegen Schwester, Vater gegen Sohn, alle gegen alle: Man könnte angesichts der vielen Frontverläufe glatt die Übersicht verlieren – würde David Schalko sein Team nicht dramaturgisch zur Ordnung rufen und »School of Champions« trotz des massenkompatiblen Themas zu einer bemerkenswert ruhigen Fernsehserie machen. Sechs Stunden Wintersport-Entertainment, das für Skifans wie Flachlandtiroler gleichermaßen gehaltvoll ist.
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