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Lena Oberdorf verkörpert die Wankelmütigkeit der DFB-Frauen
Die zentrale Schlüsselspielerin ist im Duell um das Olympia-Ticket gegen die Niederlande gefordert
Wie so viele Fußballklubs hat auch Olympique Lyon sein Trainings- und Ausbildungszentrum, die OL Academy, nicht mitten in der Stadt gebaut, sondern weit draußen. Der vorgelagerten Gemeinde Meyzieu mag der charmante Charakter der Metropole fehlen, aber dafür bieten die weitläufigen Einrichtungen die Möglichkeit, dieser Tage auch den deutschen Fußballerinnen ein Terrain zum Üben ohne Ablenkung. Ein letzter Feinschliff hinter französischen Türen kann nicht schaden für das nächste Entscheidungsspiel der DFB-Frauen.
Der Gewinner des Spiels um den dritten Platz des Final Four der Nations League am Mittwoch zwischen den Niederlanden und Deutschland in Heerenveen ergattert das letzte freie Olympia-Ticket. Das Nachbarschaftsduell im Abe-Lenstra-Stadion wird zum Gradmesser für die zweite Mission des Interimstrainers Horst Hrubesch, der bei näherer Betrachtung dem Team diesmal noch keinen richtigen Halt vermittelt hat. Zu viel Wankelmütigkeit begleitet die deutschen Fußballerinnen weiterhin – und niemand verkörpert die Leistungsschwankungen gerade besser als Lena Oberdorf.
Eigentlich wäre die vielversprechendste Nationalspielerin mit ihrer Präsenz, Körperlichkeit und Robustheit der ideale Anker, aber auch beim 1:2 gegen Frankreich wechselten Licht und Schatten. Das 2019 als jüngste deutsche WM-Spielerin aller Zeiten gefeierte Megatalent verschuldete im Halbfinale der Nations League mit einer törichten Grätsche erst einen Elfmeter, um sich dann doch noch als entschlossene Antreiberin hervorzutun – nach einem Rollentausch, als sie für die zur Halbzeit ausgewechselte Marina Hegering aus dem Mittelfeld in die Abwehr rückte.
»Sie hat es gut gemacht«, sagte Hrubesch, »sie konnte noch mal spielerische Akzente setzen.« Und doch rätselte er: »Obi ist noch lange nicht da, wo sie eigentlich hingehört.« Weil sie ihr Potenzial nur punktuell abruft. Vielleicht verständlich, angesichts dessen, was auf die Nummer sechs in jüngerer Vergangenheit einprasselte. In der Doku »Born for this« bekannte die 22-Jährige, sich vor der WM 2023 überspielt gefühlt, zeitweise keinen richtigen Antrieb mehr gespürt zu haben. Weder beim VfL Wolfsburg noch im Nationalteam agierte sie konstant auf Topniveau. Wenig verwunderlich, dass sie ihren kürzlich verkündeten Wechsel zum FC Bayern mit »neuen Herausforderungen« begründete, »an denen ich als Spielerin und Mensch wachsen kann«. Da sucht eine nicht nur auf dem Rasen nach dem richtigen Platz.
Medienanfragen blockt die 45-fache Nationalspielerin in Lyon ab. Sie, die eigentlich so unverkrampft reden kann, möchte gerade nicht sprechen. Vor allem nicht über ihren Weggang aus Wolfsburg, der wegen einer bestehenden Ausstiegsklausel und eines lukrativen Angebots ja erst mal nicht ungewöhnlich ist. Doch hatte die Gevelsbergerin während der EM 2022 ausgeplaudert, dass sie natürlich das Lied der Toten Hosen über die Bayern kenne: »Ich kann mir auch nicht vorstellen, zu den Bayern zu gehen.« Sie sei Schalke-Fan, habe indes immer Dortmund gegen die Bayern die Daumen gedrückt. »Das sagt doch alles.« Zwei Jahre später holen sie diese Sprüche ein.
Die von ihrem Vater Frank beratene Oberdorf ist für ihre Mitspielerin Hegering »ein herausragendes Talent mit allen Fähigkeiten, um sämtliche Positionen im zentralen Bereich zu spielen«. Die 33-Jährige findet, man könne sie »vorne in die Spitze stellen, auf der Zehn, der Acht, der Sechs und in der Innenverteidigung.« In letzter Reihe wurde Oberdorf nach der WM 2019 unter Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg eingesetzt, aber ihre Stärken in der Balleroberung und Spieleröffnung waren dort verschenkt. Erst als sie selbst gegen diese Position aufbegehrte, rückte sie wieder vor ins Mittelfeld.
Auch gegen die Niederlande wird sie im Kraftzentrum erwartet, wo der Gegner laut Hegering seine größte Stärke entfaltet: »Sie sind gerade im Zentrum sehr stark besetzt und sehr eingespielt.« Das Mittelfeld mit Danielle van de Donk, Sherida Spitse und Jackie Groenen reißt Bondscoach Andries Jonker eigentlich nie auseinander. Gegenüber Hrubesch wäre gut beraten, nicht wieder nur eine Doppelsechs mit Oberdorf und Sjoeke Nüsken aufzustellen, sondern auch die dynamische Antreiberin Sydney Lohmann einzubauen.
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