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Prekäre Saisonarbeit
Bei der Ernte sind migrantische Beschäftigte oft widrigen Bedingungen ausgesetzt
Die Erntesaison steht vor der Tür. Dabei ernten Saisonarbeiter*innen sowohl Spargel, Erdbeeren, Gurken als auch Kartoffeln. Viele Beschäftigte kommen aus dem europäischen Ausland und arbeiten unter teils unwürdigen Bedingungen. Das geht aus dem jährlichen Bericht »Saisonarbeit in der Landwirtschaft« hervor, die Initiative Faire Landarbeit am Mittwoch vorgestellt hat.
Die Initiative wurde vor acht Jahren gegründet und ist ein Bündnis aus gewerkschaftsnahen und kirchlichen Beratungsstellen, der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) sowie weiteren Organisationen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft zu verbessern. Den Kern ihrer Arbeit bilden Feldbesuche während der Erntezeit, bei denen Beschäftigte über ihre Rechte aufgeklärt werden. 2023 hat die Organisation dazu laut eigenen Angaben mit rund 3300 Saisonbeschäftigten gesprochen, etwa 80 Prozent davon aus Rumänien.
»Das zentrale Thema bleibt die kurzfristige Beschäftigung in der Saisonarbeit«, fasst Harald Schaum von der IG BAU die Ergebnisse des Berichtes am Mittwoch zusammen. Das bedeutet, die Arbeiter*innen dürfen nicht mehr als 70 Tage im Jahr arbeiten und ihre Beschäftigung nicht berufsmäßig, also zur Sicherung ihres Lebensunterhalts, ausüben. Sie sind in dem Fall kaum sozialversichert und zahlen weder in die gesetzliche Kranken- oder Rentenversicherung ein. »Wir bringen uns aus Rumänien unsere eigenen Medikamente mit. Wenn wir Schmerzen haben und diese nach ein paar Tagen nicht besser werden, werden wir nach Hause geschickt«, zitiert Schaum eine rumänische Beschäftigte.
Für den Gewerkschaftsvorsitzenden der IG BAU ist daher klar: »Wir brauchen endlich eine sozialrechtliche Gleichstellung von kurzfristig Beschäftigten mit anderen Beschäftigten.« Dazu fordert die Initiative Faire Landarbeit für die kurzfristig Beschäftigten vollen Krankenversicherungsschutz sowie einen Rentenanspruch. Laut Bundesagentur für Arbeit waren im vergangenen Jahr insgesamt etwa 130 000 Menschen aus dem Ausland in der Saisonarbeit beschäftigt. Fast die Hälfte von ihnen kurzfristig.
Allerdings hat sich die Zahl kurzfristig Beschäftigter zuletzt verringert. Auch weil die Rentenversicherung genauer hinschaut, vermutet Schaum. Nach einer Klage eines Landwirtes gegen die Versicherung hatte das Sozialgericht in Landshut geurteilt: »Verpflichtet ein Arbeitgeber etwa für die Spargelernte jedes Jahr wiederkehrend gleiche Beschäftigte, handelt es sich gerade nicht um kurzfristige Beschäftigungen, sondern vielmehr um regelmäßig wiederkehrende zeitlich befristete Beschäftigungen.« Der Landwirt musste in diesem Fall fällige Sozialbeiträge nachzahlen.
Ein weiteres Problem ist dem Bericht von Faire Landarbeit zufolge, dass der gesetzliche Mindestlohn durch Abzüge für Kosten von Unterkunft und Verpflegung unterschritten wird. Demnach führten nicht bezahlte Überstunden oder Abzüge bei schlechter Erntequalität in einigen Betrieben zu Nettolohnsenkungen auf bis zu 7 Euro pro Stunde. Und eine Ausnahmeregelung für Saison- und Kampagnenbetriebe erlaubt zwar eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 12 Stunden. Trotzdem berichteten Beschäftigte von Arbeitszeiten zwischen 13 und 16 Stunden. Die dabei entstandenen Überstunden sollen vielerorts nicht ausbezahlt worden sein. »Wir gehen davon aus, dass in den arbeitsintensiven Bereichen viele Betriebe auf Arbeitsverdichtung und Unterschreitung des Mindestlohns setzen«, erklärt Schaum.
Aber es gibt auch Fortschritte. So gebe es in den Betrieben teils verbesserte Standards bei den Unterkünften, sagt Schaum. Vermehrt würden digitale Zeiterfassungssysteme genutzt, um Arbeitszeiten transparent abzurechnen und sicherzustellen, dass der Arbeitslohn ausgezahlt wird. Diese müssen laut Initiative Faire Landarbeit allerdings deutlich weiter ausgebaut werden.
Um die Bedingungen zu verbessern, vernetzen sich die Gewerkschaften auch international. So hatten Landwirtschaftsgewerkschaften aus Bulgarien, Polen, Rumänien und Deutschland im Januar dieses Jahres ein Kooperationsabkommen unterzeichnet. Sie wollen so Arbeiter*innen besser über ihre Rechte und Pflichten informieren.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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