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Stadtbad Mitte: Zwischen Wasser und Licht

Das Stadtbad Mitte ist zwar alt, vereint aber immer noch Schwimmsport, Erholung und Rehabilitation

  • Anne Hahn
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Stadtbad Mitte in Berlin besticht mit Lichteinfall von allen Seiten.
Das Stadtbad Mitte in Berlin besticht mit Lichteinfall von allen Seiten.

Aus dem Regen in die Dusche, aus der Dusche in die Halle. Just durchbricht die Sonne die graue Wolkendecke. Gleißend helles Licht fällt durch die Fenster und bildet Rechtecke auf der großen Scheibenlandschaft. Mein Herz wummert. Ich begreife, wie ich dieses Bad liebe! Obwohl ich hier ein paar hundertmal schwimmen war, seit ich 1996 von Prenzlauer Berg nach Berlin-Mitte gezogen bin, musste ich erst eine Reise durch die Bäder der Stadt unternehmen, um heimzukommen.

»Wattennu mit Walters Schulta«, fragt die Dame mit dem Dutt die andere im rosa Sportanzug – an einem Donnerstagabend vor einigen Jahren im Stadtbad Mitte. Ich habe mein Training absolviert und trockne mich ab, wenige Spinde entfernt machen sich ältere Frauen für ihren Gymnastikkurs im oberen Stockwerk bereit. »Muss unters Messer, hab ick ja gleich jesacht.« So erfahre ich wöchentlich, wie es weitergeht bei Walter und Heinz, mit Töchtern und Söhnen und der neuen Ärztin an der Ackerhalle. Nach einem Jahr nicken wir uns zu in der Umkleide, beim Personal des Schwimmbads soll es noch ein weiteres Jahr dauern.

Über Wasser

Anne Hahn ist Autorin von Romanen und Sachbüchern und schwimmt für »nd« durch die Gewässer der Welt.

Ich schwimme mit meinem Sohn im Bauch und frisch verheiltem Kaiserschnitt, nach Hexenschuss, Bronchitis und Läusebehandlung. Ich trete einem Verein bei und trainiere abends, tagsüber lernt mein Sohn schwimmen. Ich schlage mir an den Kacheln der linken Außenbahn beim Rückenschwimmen den Daumen blutig. Ich massiere Waden und Fußsohlen an den Einspritzdüsen, werde vom einströmenden Wasser an die rechte Leine gedrückt, rückzu an die linke. Hinten wird das Becken flach. Der Schwimmerbereich geht innerhalb der 50-Meter-Bahn nahtlos in den der Nichtschwimmer über. Manchmal steht ein Mann auf, dem das Wenden im knietiefen Becken zu doof ist. Er geht zurück, bis ihm das Wasser zum Nabel reicht und wirft sich in die Wellen.

Ich mag es, die Messinggeländer zu berühren und in die Galerien der Umkleiden hinaufzusehen, ins milchige Licht ganz oben. Stelle mir vor, auf dem Dach im Ostseesand zu liegen und träume vom Abendbrot der anderen, wenn die Lichter in den Küchen ringsum angehen. Ich zähle die Hallenfenster über mir und sehe mich in ihrer Spiegelung fliegen, unter mir die Schwarzflossen aus dem Tauchverein, nebendran die Frauen der Synchronschwimmgruppe.

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Im Winter laufe ich in Bademantel und Latschen durchs Foyer zum Fahrstuhl, Stiefel in den Händen, Rucksack über der Schulter. Es geht in die Dritte zur Sauna, wo im Tauchbeckenraum Bleiglasfenster von Max Pechstein den Wechsel der Jahreszeiten zeigen. Die Dampfsauna ist die erste meines Lebens.

Es braucht einen Bandscheibenvorfall, dass ich den Saal im zweiten Stock betrete, zu dem ich 22 Jahre neugierig hochgeschaut habe. Nach meiner Kur darf ich ins Reha-Zentrum und endlich in den Ergometer-Raum über den Männer-Duschen. Ich radle, sehe ins Becken hinab und weit in den Park hinüber. Seit dem Bandscheibendebakel schwimme ich mittags, bin zu langsam für den Verein und seine weniger werdenden Bahnen. Ich denke an Texte, die ich schreiben will und schlage am Beckenrand an. Wende. Schwimmen ins Licht.

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