Hunderte gegen »Compact« in Velten

Das Rechtsaußen-Medium will die AfD im Brandenburger Wahlkampf unterstützen

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 4 Min.

Gleich drei politische Kundgebungen fanden am vergangenen Samstag im brandenburgischen Velten (Landkreis Oberhavel) statt: Eine Kundgebung des rechtsextremistischen Magazins »Compact« und zwei Gegenproteste dazu, eine vom »Bündnis für Dialog und Toleranz« und eine von der Linkspartei. Dabei versammelten sich Hunderte Rechte und Hunderte Antifaschist*innen in der kleinen Stadt mit etwa 12 000 Einwohner*innen nordwestlich von Berlin.

Für Aufregung sorgte im Vofeld die Ankündigung von »Compact«, dass am 30. März der Auftakt zur groß angekündigten »Blauen Welle« stattfinden soll, mit der das Rechtsaußen-Magazin den Wahlkampf der AfD unterstützen will. Schon seit Monaten hat Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer um Spenden für eine große fahrbare Bühne geworben, die bei den Veranstaltungen zum Einsatz kommen soll.

Im Compact-Magazin drohte Elsässer großspurig an, dass die »Blaue Welle« zum Tsunami werden müsse, um die AfD »bei der Entmachtung der Altparteien« zu unterstützen. Gemessen daran war die Kundgebung in Velten allerdings eher ein laues Lüftchen. Knapp 300 Menschen, zum Großteil aus dem AfD-Umfeld, hörten die Reden von Personen an, die teilweise selbst gar keine AfD-Mitglieder mehr sind oder nie waren. Dazu gehört Compact-Herausgeber Elsässer.

Auch André Poggenburg ist schon längst kein AfD-Mitglied mehr. Ehemals Höcke-Vertrauter und AfD-Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt, kam er einem drohenden Ausschluss mit seinem Austritt zuvor. Poggenburg war mittlerweile in verschiedenen Kleinstgruppen aktiv, denen die AfD nicht rechts genug ist. Er ist auch Mitarbeiter bei »Compact-TV«, einem Versuch, die Themen des rechten Magazins auch in den sozialen Medien bekannt zu machen. Eine weitere Rednerin in Velten, Doris von Sayn-Wittgenstein, ist erst seit Kurzem wieder AfD-Mitglied. Die ehemalige AfD-Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein war ausgeschlossen worden, weil sie selbst der AfD zu rechts war. Kürzlich wurde dieser Ausschluss wegen eines Formfehlers allerdings aufgehoben.

Der Samstag vor Ostern als Beginn der »Blauen Welle« war bewußt gewählt worden. Sie sollte eine rechte Konkurrenz zu den Ostermärschen sein, auf denen in der ganzen Republik Tausende gegen Aufrüstung und Kriegsfähigkeit Deutschlands auf die Straße gehen. Seit mehreren Jahren wird über die Abgrenzung nach Rechts diskutiert.

In Velten waren die Rechten unter sich. Elsässer hatte immer wieder die Zielgruppe der Kundgebung benannt: Alle »Deutschen, die nicht einverstanden sind mit der Kriegstreiberei« sollten nach Velten kommen. Unter dem Motto »Frieden mit Russland« hatte »Compact« schon im vergangenen Herbst zu einem Kongress mobilisiert. Auf der Kundgebung wehten zahlreiche Friedenstauben, was seit einigen Jahren auch auf rechten Veranstaltungen keine Seltenheit mehr ist.

AfD-Politiker*innen aus der ersten Reihe waren in Velten nicht zu sehen und zu hören. Die zunächst angekündigte ehemalige Brandenburger AfD-Landesvorsitzende Birgit Benssin verschwand wieder von der Redner*innenliste. Denn mittlerweile ist um die Veranstaltungsreihe »Blaue Welle« ein innerrechter Streit entbrannt. Nach Informationen des Internetmagazins »Endstation Rechts« drohen dem Compact-Magazin juristische Auseinandersetzungen und Unstimmigkeiten mit dem AfD-Vorstand. So habe die Mittelbrandenburgische Sparkasse Mitte März Compact das Geschäftskonto gekündigt, weil dessen Nutzung für Spendensammlungen gegen den angegebenen Geschäftszweck verstoße und damit der Wahlkampf der AfD finanziert werden könnte.

Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke) sieht in der Veranstaltungsreihe gar die Gefahr einer verdeckten Parteienfinanzierung und hat die Bundestagsverwaltung eingeschaltet. Hintergrund ist eine Ankündigung von »Compact«, dass die AfD die spendenfinanzierte Bühne für ihren Wahlkampf nutzen könne. Nach Angaben von »Endstation Rechts« prüft der AfD-Bundesvorstand sogar eine Abmahnung des Compact-Magazins, um sicherzustellen, dass die Veranstaltungen nicht der AfD zugeordnet werden können.

Neben der Angst vor Klagen wegen verdeckter Parteienfinanzierung dürften auch politische Querelen zwischen AfD und »Compact« dabei eine Rolle spielen. »Compact« unterstützt vor allem AfDler*innen vom Rechtsaußen-Flügel.

Der Auftakt der »Blauen Welle« hat zu gleich zwei antifaschistischen Protestveranstaltungen in Velten geführt. Schon am frühen Nachmittag versammelten sich mehrere Hundert Menschen zu einer Demonstration des Bündnisses für »Dialog und Toleranz«. Auch aus Berlin kamen Antifaschist*innen, darunter Gudrun von den »Omas gegen Rechts«. »Ich finde es enorm wichtig, die Kräfte außerhalb der großen Städte zu unterstützen, die sich gegen Rechts wehren«, sagte sie.

Die Linkspartei hatte zeitgleich zur Compact-Kundgebung eine Protestveranstaltung in Sicht- und Hörweite zu dieser angemeldet. Auch aus Velten und Umgebung haben sich vor allem junge Menschen an den Protesten beteiligt. »Wir haben gezeigt, dass wir auch am Ostersamstag den Rechten nicht den Platz überlassen«, sagte ein junger Mann zu »nd« zufrieden über die Proteste zum Auftakt der »Blauen Welle« in Velten. Bis Anfang September sind in Brandenburg, Sachsen und Thüringen noch mindestens neun weitere Veranstaltungen in diesem Format geplant.

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