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Abschiebeoffensive in Brandenburg: Hinterhalt am Behördenschalter

Um jeden Preis: Innenministerium Brandenburg setzt bei Abschiebungen auf umstrittene Instrumente

Das Innenministerium Brandenburg will deutlich mehr Abschiebungen erreichen – und dafür auch umstrittene Mittel einsetzen. Das geht aus einem Entwurf für Zielvereinbarungen zwischen Landesregierung und Landkreisen sowie kreisfreien Städten hervor, die der Flüchtlingsrat veröffentlicht hat. Mit diesen Vereinbarungen soll die Zusammenarbeit von Land und Kommunen bei den Abschiebungen verbessert werden.

Künftig sollen nach dem Vereinbarungsentwurf Duldungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer nur noch für maximal drei Monate ausgesprochen werden. Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften gemeldet sind, aber dort nicht mehr wohnen, sollen von den Landkreisen an die Ausländerbehörde gemeldet werden. Damit will sich die Landesbehörde eine bessere Übersicht über die Aufenthaltsorte der Abzuschiebenden machen. Parallel bereitet die Landesregierung ein Abschiebezentrum auf der Oderinsel in Küstrin-Kietz an der Grenze zu Polen vor.

Umstritten ist aber vor allem ein Vorschlag aus dem Innenministerium: Sogenannte Tischfestnahmen sollen nach dem Entwurf ausgeweitet werden. Dabei werden Ausländer bei Terminen bei Behörden von Polizisten überrascht und in Abschiebehaft genommen. Die Kommunen sollen nun dem Land zusichern, solche Tischfestnahmen in ihren Behörden zu ermöglichen. Im Gegenzug soll die Ausländerbehörde »so unauffällig wie möglich« bei den überfallartigen Gewahrsamsnahmen vorgehen.

»Extrem perfide« nennt Carla Regling vom Flüchtlingsrat Brandenburg die Pläne des Innenministeriums. Die Behörden täuschten die betroffenen Personen, die die Behörde in dem Glauben beträten, dort nur Dokumente erneuern zu müssen. Mögliche Betroffene würden so potenziell in die Situation gedrängt, aus Angst ihre Dokumente ablaufen zu lassen und deshalb mittelfristig sogar abtauchen zu müssen.

»Man drängt die Leute so in die Illegalität«, sagt Regling. Durch Gerüchte werde auch das Vertrauen von Migranten, die gar keine Abschiebung befürchten müssten, in die deutschen Behörden massiv gestört.

Regling wünscht sich, dass möglichst viele Kommunen ihre Unterschrift unter die Zielvereinbarung verweigern. Zumindest die Landeshauptstadt könnte dem auch Folge leisten. Tischfestnahmen lehne er ab, sagte Oberbürgermeister Mike Schubert beim Kreisparteitag der Potsdamer SPD im vergangenen November. Diese schafften ein »Klima der Angst«, das das Vertrauen in die Behörden »zerstören« würde.

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Umgesetzt wird die umstrittene Maßnahme dagegen offenbar bereits jetzt. Im März wurde bekannt, dass ein Pakistaner in Eberswalde bei einem Termin bei der Ausländerbehörde in Abschiebegewahrsam genommen wurde. Er hatte eine sogenannte Erwerbsduldung beantragt, bei der der Staat auf die Abschiebung von Berufstätigen verzichtet. Besonders tückisch: Im Vorfeld war dem Anwalt des Pakistaners schriftlich zugesichert worden, dass keine Abschiebung geplant sei. Trotzdem empfingen ihn in der Behörde Polizisten. Später wurde er nach einer Haftprüfung wieder aus der Abschiebehaft entlassen.

Zu einem ähnlichen Fall soll es auch im Landkreis Dahme-Spreewald gekommen sein. Dort lauerten Polizisten einem Geduldeten auf, der einen Termin ausgemacht hatte, um auf einen falschen Namen ausgestellte Dokumente korrigieren zu lassen.

Martin Burmeister, Sprecher des Brandenburger Innenministeriums, erklärt gegenüber »nd«, dass der Vollzug der Ausreisepflicht »gesetzlicher Auftrag an Länder und Kommunen« sei. Den Betroffenen sei die Abschiebung bereits angedroht worden und ihnen sei bekannt, dass die Rückführung bevorstehe. Der konkrete Termin dürfe den Betroffenen entsprechend einer bundesgesetzlichen Regelung nicht mitgeteilt werden.

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