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Niederlage gegen Leverkusen und Kommerzkritik: »Quo vadis Union?«

Nachvollziehbarer Protest der Köpenicker Fans beim Sieg von Fast-Meister Bayer in Berlin

Schuss ins Meisterglück? Fast. Florian Wirtz trifft vom Elmeterpunkt zum Leverkusener Sieg gegen Union.
Schuss ins Meisterglück? Fast. Florian Wirtz trifft vom Elmeterpunkt zum Leverkusener Sieg gegen Union.

Das Leiden haben die Fans vom 1. FC Union in den Jahren des sportlichen Aufschwungs nicht verlernt. Stimmungsvoll wie immer begleiteten sie am Sonnabend die 90 Minuten, in denen sich ihr chancenloses Team gegen Bayer Leverkusen tapfer wehrte. Und natürlich wurden die Spieler auch nach dem 0:1 wieder gefeiert. »Quo vadis Union?« Diese Frage – auf einem großem Banner auf der Waldseite gestellt – war dann auch keine nach der sportlichen Zukunft. Diese heißt nach dem 28. Spieltag mehr denn je: Abstiegskampf. Vielmehr sorgen sich die Fans wieder einmal um die Werte ihres Vereins.

Große Schlagzeilen produziert der Köpenicker Klub derzeit nur abseits des Fußballplatzes. Seit Donnerstag sind die Berliner im gesamten Bundesgebiet präsent – in mehr als 80 Kinos, mit dem Dokumentarfilm »Union – Die besten aller Tage«. Die frohe Kunde, dass dieses sehr gelungene gesellschaftliche Porträt von Annekatrin Hendel schon von mehr als 8000 Menschen gesehen wurde, verbreitete Stadionsprecher Christian Arbeit am Sonnabend vor dem Anpfiff. Was danach kam, war allen Unionern fremd. Die Kritik dazu war wiederum auf der Waldseite zu lesen: »Heimspiele in Weiß – nur für diesen Werbescheiß?«

Arme Fußball-Eltern

Das traditionelle Rot musste weichen – und auf den weißen Trikots der Berliner Fußballer prangte das Star-Trek-Logo. Dieses »Sternenflotten-Delta« feierte der Verein zuvor als »ikonisch« – in einer ausführlichen Pressemitteilung, in der zudem der Start der finalen Staffel der Serie »Star Trek: Discovery« und das »exklusive« sowie stark limitierte Sondertrikot beworben wurde. Kostenpunkt: 90 Euro. Arm kann Eltern auch schon die Kinderversion des Sondertrikots machen, für 70 Euro können die Kleinen die Mitglieder der »Paw Patrol« auf der Brust tragen.

Was hat das alles mit Union zu tun? Herzlich wenig, aber der Trikotsponsor ist nun mal Rechteinhaber dieser Filme. Damit nicht genug. »SVP Streaming Northern, Central und Eastern Europe bei Paramount«, diesen Titel trägt Sabine Anger. Sie schrieb von »unserer Mannschaft« – und das im Vorwort des Stadionheftes zur Partie gegen Leverkusen. Und İlkay Gündoğan war auch dabei, auf zwei Seiten, im deutschen Nationaltrikot, von Ausrüster Adidas, dessen drei Streifen auch Unions Spielkleidungen tragen. »Quo vadis Union?« Die Sorgen der Fans sind nachvollziehbar, Kritik notwendig.

Zeugnis der Überforderung

Das philosophische Prinzip »Kritik und Selbstkritik« nutzte Kapitän Christopher Trimmel. »Es wäre schön gewesen, wenn wir zu elft zu Ende gespielt und keinen Elfmeter verursacht hätten.« Kurz vor dem Halbzeitpfiff hatte Unions linker Außenbahnspieler Robin Gosens die Gelb-Rote Karte gesehen. Das Foul an der eigenen Grundlinie war das letzte Zeugnis seiner Überforderung an diesem Nachmittag, fast alle gefährlichen Angriffe von Bayer Leverkusen liefen bis dahin über seine Seite. Im Gewimmel des darauf folgenden Freistoßes wehrte Trimmel den Ball mit einem strafwürdigen Handspiel ab, den Elfmeter verwandelte Florian Wirtz sicher.

In Unterzahl waren die Berliner dann besser, aber immer noch klar unterlegen. Die Zahlen dazu: Der wieder einmal starke Torwart Frederik Rönnöw hatte die meisten Ballkontakte, die erst nach mehr als einer Stunde Spielzeit eingewechselten Alex Král, Josip Juranovic und Benedict Hollerbach wiesen die meisten Torschüsse, Torschussvorlagen und Flanken auf.

Fast-Meister Leverkusen

»Es macht Spaß, ihnen zuzuschauen, aber nicht gegen sie zu spielen«, resümierte Trimmel. In der ersten halben Stunde war sein Team kaum aus der eigenen Hälfte gekommen. Dass die Leverkusener Dominanz in Halbzeit zwei trotz Überzahl dann nicht mehr ganz so erdrückend war und Union mit ein paar Eckbällen für Gefahr sorgen konnte, ärgerte die Gäste kaum. Lächelnd sprach Bayer-Trainer Xabi Alonso von verloren gegangener »Kontrolle«. Schließlich blieb Bayer beim 24. Sieg im 28. Bundesligaspiel wiederum nicht nur ungeschlagen, sondern der FC Bayern München in Heidenheim auch erneut erfolglos. Meister Leverkusen? »Fast«, antwortete Mittelfeldstratege Granit Xhaka.

18 Punkte sind in dieser Saison noch zu vergeben, 16 Zähler beträgt Bayers Vorsprung auf die nun punktgleichen Münchner und Stuttgarter. Der Titel kann also schon am kommenden Wochenende vergeben werden. Im Abstiegskampf wird es hingegen immer enger: Der Vorletzte Köln gewann gegen Bochum, Mainz als 16. auf dem Relegationsplatz gegen Darmstadt. Auf sieben beziehungsweise sechs Punkte ist Unions Vorsprung auf die beiden Sieger des Wochenendes geschmolzen. »Wir müssen die Punkte gegen Gegner holen, wo wir mehr Chancen haben«, weiß Trimmel.

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