Brandenburg: Die etablierte Altpartei AfD

Landesverband Brandenburg vor der Landtagswahl professionell, geschlossen und extrem

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Brandenburgs AfD hat sich für den 22. September viel vorgenommen. »Wir werden bei der Landtagswahl nicht nur stärkste Kraft, wir werden unser Land ab dem Herbst regieren«, behauptet der neue Landesvorsitzende René Springer. Den am Samstag in Jüterbog zum Spitzenkandidaten bestimmten Fraktionschef Christoph Berndt hält René Springer für den zukünftigen Ministerpräsidenten.

Damit nimmt er den Mund sehr voll. Zwar lag die AfD in der jüngsten Umfrage bei 25 Prozent und damit sechs Prozentpunkte vor der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke und könnte tatsächlich stärkste Kraft im Parlament werden. Doch niemand will mit der AfD koalieren und Christoph Berndt zum Regierungschef machen – und von einer absoluten Mehrheit ist die Partei weit entfernt. Nach einem Höhenflug mit Umfragewerten von bis zu 32 Prozent im Januar werden dem Landesverband zurzeit nur noch 1,5 Prozentpunkte mehr vorhergesagt, als er bei der Landtagswahl 2019 erzielen konnte.

Für den Brandenburger Landtag gilt die Faustregel, dass jede Partei ungefähr so viele Sitze im Parlament erhält, wie sie Prozente von den Wählern bekommt. Mit 25 Abgeordneten könnte die AfD momentan also rechnen. 35 Namen stehen auf der am Wochenende aufgestellten Landesliste. Nur sechs Frauen finden sich da, davon drei auf den wenig aussichtsreichen zehn hinteren Plätzen. Theoretisch Hoffnung machen dürfte sich dagegen Daniel Pommerenke auf Platz 25. Sein Name fiel zuletzt im Zusammenhang mit dem Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum in Rheinsberg. Es gab die Befürchtung, ausgerechnet er könnte neuer Direktor dieses Hauses werden, das dem Andenken eines antifaschistischen Schriftstellers gewidmet ist – wenngleich Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (Freie Wähler) versicherte, dazu würde es nicht kommen.

Bei der Berurteilung von Pommerenkes Chancen, über die Liste seiner Partei in den Landtag einzuziehen, ist aber zu berücksichtigen, dass die AfD voraussichtlich eine Reihe von Wahlkreisen gewinnt. Die Sieger in den einzelnen Wahlkreisen haben einen Platz im Parlament sicher. Wenn ihre Namen nicht auf der Landesliste stehen, werden sie den Listenkandidaten vorgezogen. So ein Fall könnte die Abgeordnete Birgit Bessin sein.

Ganz sicher nicht an die AfD gehen werden in Brandenburg nur die Potsdamer Landtagswahlkreise. Von dort nach Eisenhüttenstadt ausgewichen ist der Abgeordnete Dennis Hohloch, der allerdings auch noch mit Listenplatz zwei abgesichert ist. Nach Einschätzung von Hohloch hat die brandenburgische AfD einen »Weg der Professionalisierung« und einen »Weg der Einigkeit« beschritten. Beides lässt sich nicht von der Hand weisen. Die rein persönlich motivierten, nicht etwa mit inhaltlichen Differenzen zu erklärenden Querelen der Vergangenheit scheinen vorerst Geschichte zu sein. Zumindest wird der Streit nicht mehr öffentlich ausgetragen.

Die Professionalisierung macht Geschichtslehrer Hohloch auch daran fest, dass mehr Kandidaten einen Hochschulabschluss haben, mehrere sogar einen Doktortitel. Es gibt aber daneben etwa den Maurer Daniel Freiherr von Lützow, den Maschinen- und Anlagenmonteur Lars Hünich und außerdem Jean-Pascal Hohm, der gar keinen Berufsabschluss hat, was die AfD doch so gern Politikern anderer Parteien unter die Nase reibt.

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Bemerkenswert ist, wie in Jüterbog die Nominierung für die vorderen acht Listenplätze vonstatten ging: ohne Mitbewerber exakt nach den Wünschen der Führung. Das erinnerte stark an die Vorgehensweise bei den als etabliert geschmähten, sogenannten Altparteien SPD und CDU. Auch die vor elf Jahren gegründete AfD ist in dieser Hinsicht nun eine Altpartei geworden. Von den derzeit 24 AfD-Abgeordneten finden sich 13 auf den ersten 18 Listenplätzen, darunter der von den Freien Wählern übergewechselte Philipp Zeschmann.

»Die AfD ist eine durch und durch rechtsextreme Partei«, urteilt Grünen-Spitzenkandidatin Antje Töpfer. »Mit Hans-Christoph Berndt wurde sogar ein erwiesener Rechtsexremist als Führungspersonal aufgestellt«, sagt sie. »Wenn die AfD jemals, auch nur in Ansätzen, eine bürgerliche Partei gewesen sein will, hat sie sich nach dem Wochenende in Jüterbog davon endgültig verabschiedet.«

Kommendes Wochenende versammelt sich die AfD schon wieder in der Wiesenhalle der Stadt. Dann soll es dort um ihr Programm zur Landtagswahl gehen.

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