Russische Geschäftsmänner von Sanktionsliste gestrichen

EU-Gericht hebt Sanktionsbeschlüsse gegen Michail Fridman und Pjotr Awen auf

  • Daniel Säwert
  • Lesedauer: 4 Min.
Die EU hatte keine Grundlage, um den Geschäftsmann Michail Fridman zu sanktionieren, entschied das EU-Gericht jetzt.
Die EU hatte keine Grundlage, um den Geschäftsmann Michail Fridman zu sanktionieren, entschied das EU-Gericht jetzt.

Die Reaktion von Michail Fridman fiel kurz und knapp aus. »Wir sind mit der Entscheidung zufrieden«, sagte der russische Geschäftsmann nach dem Urteil des EU-Gerichts. Kurz zuvor hatten die Richter in Luxemburg die EU-Sanktionsbeschlüsse gegen Fridman und seinen Geschäftspartner Pjotr Awen, beide Aktionäre der Alfa Group, einem der größten russischen Finanzkonzerne, für unzulässig erklärt.

Kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs hatte die EU Sanktionen gegen Fridman und Awen erlassen, ihnen Einreiseverbot erteilt und Gelder eingefroren. Brüssel behauptete damals, die beiden Geschäftsmänner hätten russische Entscheidungsträger finanziell unterstützt und damit die territoriale Unversehrtheit der Ukraine untergraben. Diese Vorwürfe seien aber nicht hinreichend belegt und die Aufnahme in die Liste sei daher ungerechtfertigt, entschieden die Richter. Auch wenn sich möglicherweise eine gewisse Nähe der beiden Personen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin bejahen lasse, beweise dies nicht, dass damit Maßnahmen unterstützt würden, die die Ukraine bedrohten. Laut dem Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, muss die EU die Konten von Fridman und Awen entsperren und mehrere Immobilien zurückgeben. Zumindest Awen hatte sich beschwert, dass die Sanktionen ihm das Leben erheblich erschwerten. Dass beide jetzt wirklich sanktionsfrei sind, bezweifelt Alexander Pomasujew, Anwalt von Alexei Nawalnys Antikorruptionsstiftung. Auf X schrieb er, dass Luxemburg die Sanktionen vom Februar 2022 kassiert habe, neuere Strafmaßnahmen seien aber vorerst weiter in Kraft.

Oppositionelle setzen sich für Fridman und Awen ein

Bereits im Februar 2023 hatten mehrere Oppositionelle in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Aufhebung der Sanktionen gegen Fridman und Awen gefordert und darauf hingewiesen, dass beide nicht so staatsnah sind, wie Brüssel behauptet, und stets gute Beziehungen zur Ukraine pflegten. Statt der Expertise der Oppositionellen zu folgen, hörte die EU auf Alexei Nawalnys Antikorruptionsstiftung, die Fridman wegen seiner fehlenden Verurteilung des Ukraine-Kriegs in die Liste der »Korruptionäre und Kriegshetzer« aufgenommen hatte.

Michail Fridman und Pjotr Awen sind nicht die ersten russischen Geschäftsmänner, die sich erfolgreich gegen ausländische Sanktionen zue Wehr gesetzt haben. Im Juni 2023 erreichte Bank-Gründer Oleg Tinkoff, der sogar die russische Staatsbürgerschaft abgelegt hatte, die Aufhebung der britischen Sanktionen. Kurz darauf richtete sich Arkadij Wolosch, eine der Gründer des Internetgiganten Yandex, an die EU mit der Bitte, ihn von der Liste zu entfernen. Trotz der Trennung von Yandex, dem Leben in Israel und der öffentlichen Verurteilung des Ukraine-Kriegs strich Brüssel ihn erst vor einem Monat von der Sanktionsliste.

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EU-Sanktionspraxis wirft Fragen auf

Im März verließ auch der ehemalige Formel 1-Fahrer Nikita Masepin die rund 1900 Personen und Unternehmen umfassende Liste. Dreimal hatte die EU die Sanktionen gegen Masepin verlängert, der seinen Platz im Renncockpit deswegen verlor. Bis das Gericht in Luxemburg entschied, dass die Brüsseler Bürokraten unrechtmäßig gehandelt hatten. Schließlich gab Brüssel einen einzigen Sanktionsgrund an: Nikita ist der Sohn seines Vaters Dmitri Masepin, des Gründers des mächtigen Unternehmens Uralchim. Eine genetische Verbindung sei kein Grund für Sanktionen, urteilten die Richter. Zumal Nikita keine Geschäftsverbindung zu seinem Vater hat.

In Deutschland geht seit Wochen Alischer Usmanow gegen die deutschen Behörden vor und erreichte zumindest die Löschung von Tweets der Strafverfolgungsbehörde, die ihm eine Superyacht zuschreiben, womit wiederum die EU ihre Sanktionen gegen Usmanow begründet.

Der Fall Usmanow sowie das Urteil zugunsten von Fridman und Awen werfen ein schlechtes Licht auf das Urteilsvermögen der Brüsseler Beamten. Bereits im vergangenen September hatte das Journal »Politico« geschrieben, dass die EU oft keine Ahnung von den sanktionierten Personen habe. Begründet werden die Sanktionsentscheidungen oft mit Verweis auf Zeitungsartikel oder Wikipedia-Einträge, die zudem veraltet sind.

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