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Sanktionen, leichtfertig verteilt
Daniel Säwert zu den EU-Strafmaßnahmen gegen russische Geschäftsleute
Ursula von der Leyen dürfte enttäuscht sein vom EU-Gericht. Mit der Entscheidung, einen Teil der Sanktionen gegen die beiden russischen Geschäftsmänner Michail Fridman und Pjotr Awen zu streichen, kratzen die Luxemburger Richter an einem der Lieblingsprojekte der EU-Kommissionspräsidentin. Nur wenige Tage nach der russischen Invasion im Februar 2022 hatte von der Leyen das größte Sanktionspaket in der Geschichte der EU angekündigt und Wort gehalten, Russland wurde zum Sanktionsweltmeister. Über 1900 Personen und Unternehmen stehen aktuell auf der Brüsseler Liste.
Dass diese Maßnahmen »nicht leichtfertig« ergriffen wurden und werden, wie von der Leyen damals betonte, ist nicht mehr als eine rhetorische Ente. Von Beginn an wirkte es mitunter sehr willkürlich, wen Brüssel auf die Liste nahm. Teilweise wirkte es, dass es nur darum gehe, einen neuen Highscore zu erreichen. Das zeigt sich vor allem bei den persönlichen Sanktionen. Die EU hat es sich zu einfach gemacht. Die Formel Russe plus reicher Geschäftsmann Verbindung zu Wladimir Putin minus öffentlicher Aufschrei ist gleich Kriegstreiber und Putinunterstützer ist eine, die mitunter nicht aufgeht.
Schon vergangenes Jahr wurde klar, dass Brüssel oft keinerlei Grundlage für persönliche Sanktionen hat. Statt gesicherte Kenntnisse zu besitzen, stützt sich die EU auf Wikipedia-Einträge und Zeitungsartikel, zeigte eine Recherche des Journals »Politico«. Auch im Fall von Fridman und Awen lasen die Beamten lieber Zeitung als Geheimdienstberichte. Die Artikel, auf die Brüssel seine Entscheigung auifbauet, waren jedoch bis zu 15 Jahre alt. Die beiden Geschäftsmänner waren nicht die ersten, die sich von der Sanktionsliste klagen konnten. Weitere werden folgen, das ist gewiss. All das, weil die EU allzu leichtfertig mit ihren Quellen war.
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