Berlin: Sparen ohne Schmerzen?

Schwarz-Rot einigt sich nach monatelangem Streit auf Sparziele

Stefan Evers, Kai Wegner (beide CDU) und Franziska Giffey (SPD) präsentieren den Doppelhaushalt 2024/25
Stefan Evers, Kai Wegner (beide CDU) und Franziska Giffey (SPD) präsentieren den Doppelhaushalt 2024/25

Sparen, ohne dass es wehtut – das versprechen die Koalitionsspitzen von Schwarz-Rot: In dem monatelangen Streit um die Auflösung der Pauschalen Minderausgaben im laufenden Haushalt wollen die Koalitionsfraktionen eine Einigung erzielt haben. Das verkündeten Koalitionsvertreter am Montag. Nach intensiver Suche habe man Haushaltsposten gefunden, die real weniger hoch ausfallen werden, als ursprünglich geplant. »Wir haben etwas gefunden, was kein Mensch auf der Straße merkt«, sagte SPD-Haushälter Torsten Schneider. Konkret sollen die Ausgaben für den Wohnungs- und Schulbau, für den öffentlichen Nahverkehr und für Personalmittel niedriger ausfallen als ursprünglich geplant.

Die Volten um den Berliner Landeshaushalt konnten zuletzt selbst versierte Finanzexperten verwirren: Im Dezember kündigte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) zunächst an, dass jedes Ressort 5,9 Prozent seines Budgets einsparen müsse. Dies hätte etwa 1,75 Milliarden Euro an einzusparenden Mitteln für den gesamten Senat bedeutet. Die Ankündigung sorgte für reichlich Krach in der schwarz-roten Landesregierung, die in der kommenden Woche ihr einjähriges Amtsjubiläum feiert. Vor allem die SPD-Senatoren sahen sich außerstande, die geforderten Kürzungen aufzubringen.

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Mit den nun entdeckten zu hoch veranschlagten Haushaltsposten schrumpft die zu sparende Summe auf 557 Millionen Euro. Die Ressorts sollen jetzt noch zwei Prozent ihres Budgets einsparen. »Das ist absolut machbar«, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Die Rasenmähermethode bleibt allerdings erhalten. SPD-Senatoren hatten in den Verhandlungen zwar gefordert, statt einer pauschalen Vorgabe für alle Ressorts Schwerpunkte beim Sparen zu setzen. Am Ende setzte sich aber offenbar der CDU-Ansatz durch.

Bei der Pressekonferenz nach der Senatssitzung am Dienstag bekräftigte Finanzsenator Evers diesen Kurs. Man leite nun eine »haushaltspolitische Zeitenwende« ein, sagte er. Seit dem Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 seien die Ausgaben explodiert, nun kehre man zu einem Konsolidierungskurs zurück. Evers warnte aber auch, dass das neue Sparziel ebenfalls nicht einfach zu erreichen sein werde: »Weil wir buchstäblich alles aus dem Haushalt gequetscht haben, sind die zwei Prozent jetzt mit harten Entscheidungen verbunden.«

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) skizzierte, wie der Senat das nach einem Rechtsgutachten gescheiterte Sondervermögen für Klima-Ausgaben ersetzen will. »Wir gehen vom Sondervermögen zu einem Transformationspaket«, so Giffey. Demnach soll landeseigenen Gesellschaften mehr Eigenkapital übertragen werden, um diesen die Kreditaufnahme zu erleichtern. Gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin soll zudem ein Darlehensprogramm aufgelegt werden.

Die Opposition sieht das vermeintliche Haushaltswunder dagegen skeptisch. »Eigentlich heißt die Einigung, dass man sich eingesteht, dass man die Wohnungsbauziele nicht erreicht«, sagt Steffen Zillich, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, in Anspielung auf die 350 Millionen Euro, die der Senat weniger für die Wohnraumförderung verausgaben will. Auch die gesunkenen Personalkosten hält er für weniger schmerzlos, als es die Koalition behauptet. »Das bedeutet, dass die Unterausstattung festgeschrieben wird«, so Zillich. Spüren würden das die Berliner bei den Bauämtern, bei der Polizei oder der Feuerwehr.

Zillich bezweifelt auch, dass das verbliebene Sparvolumen einfach zu erbringen sein wird. »Natürlich reden wir jetzt über eine andere Dimension«, sagt er. »Aber auch zwei Prozent werden deutlich spürbar sein.« Er befürchtet, dass vor allem Ausgaben für Soziales betroffen sein könnten, weil sie im Gegensatz zu Personalmitteln oder finanziellen Verpflichtungen einfacher rechtssicher gestrichen werden könnten.

Der wirkliche Sparhammer wird Berlin wohl ohnehin noch bevorstehen. Mit der Einigung werden zunächst nur die Pauschalen Minderausgaben für das laufende Jahr aufgelöst. Im kommenden Jahr könnte die Diskussion dann von Neuem beginnen. Zu wirklich schweren Einschnitten könnte es aber vor allem mit dem Doppelhaushalt 2026/27 kommen. Denn mit dem laufenden Haushalt hat der Senat bereits alle Rücklagen aufgebraucht, die dann fehlen werden.

Finanzpolitiker Zillich hätte sich gewünscht, dass der Senat mehr Mut zur Schwerpunktsetzung gehabt hätte. Er schlägt vor, dass der Senat eine Garantie für soziale Ausgaben gibt. »Dann hätten die Träger Sicherheit und müssten sich nicht von Vertrag zu Vertrag hangeln.«

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