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Shabazz Palaces: Gekonnt verstrahlt
Shabazz Palaces sind das mit das Beste, was der moderne Hip-Hop zu bieten hat
Shabazz Palaces spielen Hip-Hop, der durch den Nebel kommt. Durch den Sternennebel. Gegründet wurde das Duo 2009 von Ishmael Butler, der als Butterfly ganz wesentlich die Musik des Rap-Trios Digable Planets mitbestimmte. Die Digable Planets waren neben A Tribe Called Quest, De La Soul und Jurassic 5 das Menschenfreundlichste, was der US-Hip-Hop in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts zu bieten hatte. Und dabei niemals seicht. Eine formvollendete Verbindung aus Hip-Hop, Jazz und komplexen Lyrics.
Mit den Shabazz Palaces hat Ishmael Butler seine Musik ins All geschossen. Aber nicht im Sinne irgendwelcher Science-Fiction-Fantasien, sondern als Ausdruck und als weiteres Kapitel in der unerschöpflichen Pop-Mythologie des Afrofuturismus. Die »black experience« wird aus der Perspektive des ewig Fremdbleibenden erzählt. In den sehr abstrakten, verrätselten Lyrics von Shabbaz Palaces erscheinen die USA als abweisender, kalter Ort, der aus den Augen des Außerirdischen besehen erst zur Kenntlichkeit entstellt wird.
Die CD der Woche. Weitere Texte unter dasnd.de/plattenbau
Was man von den Lyrics auf dem neuen Shabazz-Palaces-Album »Exotic Birds of Prey« mitbekommt, schwankt zwischen drastischer Beschreibung, undeutbaren Metaphern und Sarkasmus. »Well Known Nobody« zum Beispiel ist eine mindestens zweimal gebrochene Rollenprosa: »I am not a racist / Snakes are cool / I love niggas / Watch they groove, with these / Well known nobodies / I can’t really do it, man / Well known nobodies / Invited to the party«.
Die Musik auf »Exotic Birds of Prey« ist verwaschener denn je, und das ist hier als Kompliment gemeint. In ihrer minimalistischen Versponnenheit und Ungreifbarkeit ist das, was Ishmael Butler seit dem Weggang seines Duo-Partners Tendai Maraire 2020 musikalisch produziert, wirklich singulär im Genre. Es gibt kaum identifizierbare Melodien und nur wenig Struktur, in die man sich ohne Weiteres einhaken könnte. Trotzdem klingt das alles nicht dekonstruktiv, sondern wie jenseits von jedem und radikal eigensinnig. Feature-Gäste wie Purple Tate Nate und Irene Barber, die allesamt eher unbekannt sind, gehen in dem Wust aus verhangenen Sounds, Gefiepe und komplett vertrahltem Trap nahtlos auf. Shabazz Palaces entfalten auch auf ihrem achten Studioalbum wieder ein eigenes musikalisches Universum mit eigenen musikalischen Gesetzen.
Vorläufer haben diese Sounds eigentlich nur in den abgespacteren Sachen, die in den Nullerjahren auf dem Anticon-Label erschienen sind, in den frühen Clouddead-Alben zum Beispiel. Nur dass diese abstrakt-wolkige Nebelmusik jetzt nicht im hippieesken White-Nerd-Modus angeginstert kommt, sondern als afrofuturistische Erzählung.
Shabazz Palaces: »Exotic Birds of Prey« (Sub Pop / Cargo)
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