Baskenland: Historischer Erfolg für Linke

EH Bildu erstmals auf Augenhöhe mit der regierenden konservativen Baskenpartei PNV

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.

»Es ist ein spektakuläres Wachstum«, hat der Kandidat der baskischen Linkskoalition EH Bildu (Baskenland Vereinen) vor jubelnden Anhängern am späten Sonntag in Bilbao festgestellt. Der Grund: Das baskische Linksbündnis EH Bildu kam bei den Parlamentswahlen auf 350 000 Stimmen. Das Parteienbündnis kam im Parlament auf 27 Sitze (bisher 21), hob der neue Spitzenkandidat Pello Otxandiano hervor. Damit hat die für die baskische Unabhängigkeit eintretende Linke erstmals so viel Sitze im Parlament wie die christdemokratische Baskisch-Nationalistische Partei (PNV), weshalb viele Beobachter auch in Spanien von einem »historischen Ergebnis« sprechen. Angesichts des deutlichen Stimmzuwachses auf 32,5 Prozent, bei deutlichen Verlusten der PNV, zeigte sich der 41-jährige Otxandiano überzeugt davon, dass »der Wandel bereits im Gange und nicht mehr aufzuhalten ist«.

Der Bildu-Chef Arnaldo Otegi hat mit Blick über das in drei Verwaltungsgebiete aufgespaltene Baskenland erklärt, dass die Formation der linken Unabhängigkeitsbewegung »stärkste politische Kraft« im gesamten Baskenland sei. Bildu hat nicht nur die drei Provinzen der »Autonomen Baskischen Gemeinschaft« (CAV) im Blick, in der am Sonntag gewählt wurde, sondern auch die Nachbarprovinz Navarra und die drei Provinzen, die hinter der Grenze auf französischem Staatsgebiet liegen.

Fast 100 000 mehr Menschen haben nun die Koalition gewählt als vor vier Jahren. Es sind sogar etwa 70 000 mehr als beim bisherigen Rekordergebnis aus dem Jahr 2012 nach der Gründung. Die Christdemokraten konnten nur die bevölkerungsreichste Provinz Bizkaia um die Metropole Bilbao herum verteidigen, die PNV-Hochburg. Otegi bedankte sich angesichts des Erfolgs auch bei Wechselwählern von der »konföderalen Linken«, die früher die spanische Linkskoalition »Unidas Podemos« (UP) gewählt hatten. UP kam 2016 auf 15, 2020 aber nur noch auf gut 8 Prozent. Dieses Jahr trat sie gespalten in das spanische Linksbündnis »Sumar« (Summieren) und Podemos an und musste weiter Federn lassen. So fatal wie in Galicien kam es aber nicht. Dort verfehlten beide den Einzug ins Parlament. Dieses Mal konnte Sumar im Baskenland wenigstens einen Sitz in der bevölkerungsärmsten Provinz Araba erringen und kam knapp über die Drei-Prozent-Hürde. Podemos ging hingegen komplett leer aus und scheiterte an der Drei-Prozent-Hürde. 2020 kam die gemeinsame Liste von UP noch auf sechs Sitze.

Hätte Bildu nur zwei Sitze mehr erhalten, hätte die regierende Koalition aus PNV und spanischen Sozialdemokraten (PSOE) keine absolute Mehrheit mehr im baskischen Parlament in Vitoria gehabt. Das hätte die politische Lage deutlich verändert. Dass die offiziell auch für die Unabhängigkeit eintretende PNV doch Bildu noch einmal abwehren konnte, sorgte trotz des schlechten Ergebnisses für Erleichterung und stürmischen Beifall für den ebenfalls neuen Spitzenkandidaten Imanol Pradales. Der will nun mit »Bescheidenheit« als neuer Regierungschef »alles« für das Land geben. Da die PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez das zuvor schlechte Ergebnis leicht von 13,5 auf 14 Prozent verbessern konnte, kam sie auf zwölf Sitze (bisher zehn). Damit hat die regierende Koalition mit 39 Sitzen weiter eine knappe Mehrheit und kann ihren neoliberalen Kurs fortsetzen. Sie dürfte aber auf noch stärkeren Widerstand stoßen.

Die große spanische Oppositionspartei blieb im Baskenland abgeschlagen. Die Volkspartei (PP), Gewinner der spanischen Parlamentswahlen im Vorjahr, kam hier leicht gestärkt auf 9 Prozent. Bedenklich ist, dass die ultrarechte Vox zwar nur 2 Prozent erhielt, aber ihren Sitz in Araba mit 4700 Stimmen verteidigen konnte und dort über die Hürde von 3 Prozent kam. Für Sumar zieht in Araba der Kommunist Jon Hernández ins Parlament ein und nicht die Spitzenkandidatin Alba García. Sumar steht wie Podemos wegen der Spaltung vor einem Scherbenhaufen. Podemos liegt auf der Intensivstation. Bei den Wahlen in Katalonien am 12. Mai tritt die Partei vorsorglich nicht an. Die Europawahlen im Juni entscheiden, ob sie noch eine Zukunft hat.

Eine gestärkte baskische Linke muss nun auch stärkere Forderungen in Madrid stellen. Dass Bildu in vier Jahren der Sánchez-Unterstützung blass blieb, verzeihen gerade Stammwähler ihr nicht. Wichtige Fragen für sie, wie die Unabhängigkeit, die Freilassung der inhaftierten Mitglieder der abgewickelten Untergrundorganisation ETA oder die Sprachförderung gingen zuletzt unter. Bildu-Stammwähler gingen deshalb zum Teil nicht wählen oder wählten ungültig. Die Zahl ungültiger Stimmen ist um 20 Prozent auf gut 18 000 gestiegen.

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