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Inter Mailand krönt sich im Derby zu Italiens Fußballmeister

Dank vieler Rochaden feiert Inter ausgerechnet gegen den Stadtrivalen AC Mailand seine 20. Meisterschaft

  • Tom Mustroph, Palermo
  • Lesedauer: 4 Min.

Historisches passierte am Montagabend in Mailand. Inter Mailand holte sich in überzeugender Manier die italienische Fußball-Meisterschaft. Es ist bereits die 20. für die Mailänder, und das verdient nach italienischen Gepflogenheiten nun auch einen zweiten Stern auf den Trikots. Bisher erreichte diese Marke nur Juventus Turin. Der Rekordmeister hat sogar schon drei auf der Brust, mit offiziell 36 Titeln. Intern reklamiert man 38, inklusive zweier aberkannter. Bei Inter gibt es solche Alternativzählungen nicht.

Das Besondere war, dass die Nerazzurri den Meistertitel ausgerechnet mit einem 2:1-Sieg beim AC Mailand klarmachten – und mit dem Titelgewinn auch noch den Stadtrivalen (19 Titel) überholten. »Es ist fantastisch, dass wir das im Derby schafften. Dieser Tag wird unvergessen bleiben«, sagte Trainer Simone Inzaghi noch auf dem Rasen. Und Kapitän Lautaro Martinez konnte vor lauter Freudentränen nicht einmal alle Interviews ungestört beenden.

Inter hat sich mit einer beeindruckenden Bilanz zum Champion gekrönt. 17 Punkte vor dem Zweiten beträgt der Vorsprung. Top-Torjäger der Serie A ist Martinez. Auch der beste Vorlagengeber trägt Schwarzblau: Der Ex-Mönchengladbacher Marcus Thuram legte elfmal auf. Die Defensive war mit nur 18 Gegentreffern und 17 Spielen zu null ebenfalls äußerst meisterlich unterwegs. Yann Sommer, zu Saisonbeginn vom FC Bayern gekommen, gab den großen Rückhalt. Außenverteidiger Benjamin Pavard brachte er gleich von der Isar mit. Beide setzten somit ihre persönliche Meisterserie fort, während die ehemaligen Teamkollegen auf der anderen Seite der Alpen ihr Dauerabonnement an Bayer Leverkusen verloren.

Einziges Manko der Mailänder Saison war das unglückliche Achtelfinal-Aus in der Champions League gegen Atletico Madrid. Hier versagte ausgerechnet Martinez im Elfmeterschießen. Nach dem Finaleinzug 2023 galt diesmal aber ohnehin die Meisterschaft als oberstes Ziel. Und hier lieferten Team und Trainer ab. Inzaghi warf zum ersten Mal in seiner Trainerkarriere die Rotationsmaschine an und gelangte so zu einer optimalen Belastungssteuerung. Stammspieler wurden auf internationalem Parkett geschont, während Ergänzungsspieler wie der neue Nationalspieler Davide Frattesi oder der frühere DFB-Juniorenauswahlspieler Yann Aurel Bisseck ihre neuen Freiräume nutzten.

Meisterkämpfe in Europas Topligen

Seit Montagabend ist die Bundesliga in guter Gesellschaft: Wie Leverkusen sicherte sich auch Inter Mailand in der Serie A sehr frühzeitig den Titel. Doch wie sieht es in den anderen Ligen aus?

  • Spanien
    Es hätte keinen schöneren Sieg für Toni Kroos, Antonio Rüdiger und Real Madrid geben können, als den im 257. Clasico gegen den Erzrivalen FC Barcelona, um die spanische Meisterschaft nahezu perfekt zu machen. Nach dem 3:2 am Sonntag liegen die Königlichen mit 81 Punkten nun elf Zähler vor Barca und 13 vor dem lange aufmüpfigen FC Girona. Die 36. Krönung ist sechs Spieltage vor Saisonschluss wohl nur eine Frage der Zeit.
  • Frankreich
    Eigentlich ist es wenig überraschend, dass Paris St. Germain mit elf Punkten Vorsprung auf AS Monaco die Ligue 1 fünf Spiele vor Schluss anführt. Nach den Abgängen der Superstars Neymar und Lionel Messi im Sommer strahlt Frankreichs Rekordmeister jedoch nicht mehr den Glanz der vergangenen Jahre aus. Der letzte verbliebene Starstürmer Kylian Mbappe war dennoch genug, um Paris ungefährdet auf den Weg zum zwölften Titel zu bringen. Vielleicht erlebt die Liga nach seinem erwarteten Abgang in der Sommerpause künftig wieder echte Meisterkämpfe.
  • England
    Die Premier League ist die einzige Topliga in Europa, in der es noch einen echten Titelkampf gibt – und der hat es in sich. Mit Tabellenführer FC Arsenal (74 Zähler), dem punktgleichen FC Liverpool sowie Manchester City (73) duellieren sich gleich drei Mannschaften an der Spitze. Alle haben in den vergangenen Wochen gepatzt und so die Konkurrenz stets hoffen lassen. Keine Mannschaft ist mehr im Europacup dabei. Das Saisonfinale der Premier League verspricht also viel Spannung. SID/nd

Inters Durchmarsch wurde freilich von Schwächen der Konkurrenz befördert. Neapels Meisterteam fiel durch eine falsche Trainerwahl komplett auseinander. Juventus verkraftete die Ausfälle der Mittelfeldspieler Paul Pogba (Dopingsperre) und Niccolò Fagioli (unerlaubte Wetten) nicht und gibt sich mit einem der Champions-League-Ränge hinter Inter zufrieden.

Nach derzeitigem Stand reicht dazu sogar der fünfte Platz. Denn dank der Führung in der Nationenwertung kann Italien im nächsten Jahr fünf Klubs in die erweiterte Königsklasse schicken. Das ist zum einen Verdienst von Inter durch den Finaleinzug im letzten Jahr. Vor allem aber nehmen italienische Klubs in dieser Saison die zwei kleineren europäischen Wettbewerbe wieder ernster. AS Rom gewann 2022 die Conference League und stand im Jahr darauf im Endspiel der Europa League. Aktuell sind die Römer auch noch dabei und kämpfen gegen Leverkusen um den Finaleinzug. Atalanta Bergamo steht im anderen Halbfinale, und auch in der Conference League gibt es mit dem AC Florenz noch einen italienischen Vertreter. Das ließ Italiens Punktekonto bei der Uefa immer weiter wachsen.

Alle drei noch in Europa vertretenen Klubs haben im Übrigen dem knochentrockenen Ergebnisfußball früherer Dekaden abgeschworen. Bergamo ist unter Offensivguru Gian Piero Gasperini zu einer kleinen, aber feinen Marke in Europa geworden. Roma-Urgestein Daniele De Rossi hat seinem Klub neue Vitalität verliehen. Und Vincenzo Italiano wird dank seines Offensivstils in Florenz schon länger als neuer Trainer entweder in Neapel oder beim stagnierenden Serienmeister Juventus gehandelt. Der bräuchte positive Impulse mittlerweile am nötigsten – wenn es etwas werden soll mit dem vierten Stern.

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