Boys Day in Berlin-Pankow: Pflege kennenlernen

Die Kampagne #PflegeJetztBerlin will gezielt Jungen als Nachwuchs für den Pflegeberuf gewinnen

  • Jule Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Blutdruckmessen lernen am »Boys Day« in der Pankower Caritas-Klinik Maria Heimsuchung mit Bildungssenatorin Katharina Günther Wünsch (CDU).
Blutdruckmessen lernen am »Boys Day« in der Pankower Caritas-Klinik Maria Heimsuchung mit Bildungssenatorin Katharina Günther Wünsch (CDU).

»Alarm« schlugen Gesundheitsforschende vor wenigen Wochen in der Hauptstadt: Der aktuelle DAK-Pflegereport zeigt, dass von den 45 827 Berliner Pflegenden 23 Prozent mindestens 55 Jahre alt sind. Auch eine aktuelle Studie der Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) offenbart: Bis 2030 fehlen mindestens 10 000 Pflegekräfte. Laut DAK-Pflegereport ist die Ausbildung zentral, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Zum Boys Day in Pankow am Donnerstag waren explizit Jungen geladen, die Pflege kennenzulernen. Ihr Anteil in der Ausbildung liegt laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg bei 28 Prozent.

»Eigentlich wollte ich KfZ-Mechatroniker werden«, sagt Kevin, ein Schüler, der am Donnerstag die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung besucht, um den Pflegeberuf kennenzulernen, zu »nd«. Seine Cousine in Thailand habe ihn inspiriert, Pfleger zu werden. Auch der Schüler Clemens wurde von außen ans Pflegen herangeführt: »An meinem Gymnasium gibt es eine AG Notfallmedizin«, sagt er »nd«. Dort habe er auch schon mal den Blutzucker beim Lehrer gemessen. »Wir brauchten sehr viele Pflaster«, lacht Clemens.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Dass Pflaster nicht ausreichen, um die Personallöcher zu kitten, veranschaulicht ein Fall aus einem Lichtenberger Pflegeheim: Dort hatte eine Pflegerin den Notruf gewählt, weil für die folgende Nachtschicht nicht genug Kolleg*innen eingesetzt waren. In dem Heim herrscht Personalnotstand. Nach dem Eingang von anonymen Hinweisen und einem Todesfall ermittelt die Staatsanwaltschaft dort zudem wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung.

»Die Hütte brennt«, sagt der stellvertretende Vorsitzende der BKG, Johannes Danckert, beim Boys Day in der Pankower Caritas-Klinik angesichts des Pflegefachkräftemangels. Danckert erklärt, dass man junge Menschen nur für den Pflegeberuf begeistern könne, wenn man »die Arbeitsbedingungen attraktiver« mache. Gegenüber »nd« spricht er von erforderlichen Investitionen der Länder in die Gesundheitsversorgung: »Viele Milliarden sind nötig«, sagt er.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) ist auch zum Pressetermin in die Caritas-Klinik gekommen. Sie freut sich, am Boys Day »traditionelle Rollenbilder aufzubrechen«, und will die Berufsorientierung stärken, zum Beispiel durch ein verpflichtendes elftes Schuljahr. Sie unterstützt darüber hinaus die Kampagne #PflegeJetztBerlin, die den Boys Day begleitet.

Mitglied des Kampagnenbeirats ist Ilona Hanuschke, die außerdem Pflegedirektorin der Pankower Caritas-Klinik ist, an der der Boys Day stattfindet. Dass nicht nur die Gesellschaft altere, sondern auch die Pflegenden, beobachte sie in ihrem Arbeitsalltag. Mit der Kampagne will sie die Pflege stärken und Nachwuchs gewinnen. Zu dem Zehn-Punkte-Plan von #PflegeJetztBerlin gehört zum Beispiel der Einsatz von sogenannten Ausbildungsbotschafter*innen. Pflegende sollen an Schulen die Vielfalt des Berufs vermitteln. Und insbesondere Jungen aufklären, dass auch technische Tätigkeiten zum Arbeitsalltag gehören.

»Ohne Herz geht es in dem Beruf aber nicht«, sagt Hanuschke. Mit Robotern könne man die essenzielle Beziehungsarbeit nicht leisten. Dass deren Einsatz nicht nur diskutiert wird, zeigen Medienberichte. Demnach erzählen in einem Lübecker Pflegeheim die Roboter »Charlie« und »Greta« Witze oder demonstrieren Gymnastikübungen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!