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Melanie Leupolz: »Das wäre der größte Traum von uns allen«
Vorfreude auf 35 000 Zuschauer in London: Melanie Leupolz will mit Chelsea den FC Barcelona im Halbfinal-Rückspiel am Samstag bezwingen
Im Hinspiel der Champions League haben Sie mit dem FC Chelsea geschafft, was bei den Frauen eigentlich als unmöglich galt: den Titelverteidiger FC Barcelona mit 1:0 zu besiegen. Wie kam diese gute Ausgangsposition für das Rückspiel am Samstag zustande?
Dafür muss man ein bisschen zurückgehen: Nachdem wir vor drei Jahren im Champions-League-Finale gegen Barcelona bitterlich untergegangen waren (0:4, Anm. d. Red.), schieden wir vergangenes Jahr im Halbfinale nur knapp aus. Diesmal hat Emma (Trainerin Emma Hayes, Anm. d. Red.) für uns den perfekten Masterplan kreiert, der an dem Tag ideal gepasst hat. Wir wissen nur, dass es relativ wenig bringt, einmal zu gewinnen und dann trotzdem auszuscheiden.
Welcher Rahmen erwartet Sie an der Stamford Bridge, um das Ticket fürs Finale am 25. Mai in Bilbao zu lösen?
Bisher sind schon mehr als 35 000 Tickets verkauft. Es hängen überall ums Stadion auch Plakate von uns. Es wird auf jede Kleinigkeit ankommen, um etwas ganz Großes zu schaffen. Das wäre der größte Traum von uns allen. Vor vier Jahren waren wir noch nicht richtig reif für dieses Finale.
Melanie Leupolz (30) stammt aus Wangen im Allgäu. Nach Stationen beim SC Freiburg und FC Bayern zog es die Mittelfeldspielerin 2020 zum FC Chelsea, wo sie noch bis 2026 unter Vertrag steht. Nach 79 Länderspielen trat sie nach der verkorksten WM 2023 aus dem Nationalteam zurück. Sie erlebte die letzten Titelgewinne der DFB-Frauen im Team mit: EM-Sieg 2013 und Olympiagold 2016.
Was ist entscheidend, um die spanischen Weltmeisterinnen, die ja den Kern des Gegners bilden, zu decodieren?
Wir wären mit unser normalen Taktik nicht weit gekommen. Wir hatten eigentlich nur einen Tag, um alles zu besprechen. Nach der ersten Sitzung wollten wir noch ein weiteres Meeting, weil es noch offene Fragen gab. Dann haben wir es als Kollektiv geschafft, für überragende Spielerinnen wie Graham Hansen und Aitana Bonmati die Räume eng zu machen. Man hat wirklich Verzweiflung in deren Augen gesehen.
Der FC Chelsea schreibt mit den Männern nicht gerade eine Erfolgsgeschichte, während die Frauen das Champions-League-Finale und die englische Meisterschaft vor Augen haben. Steigert das die Wertschätzung?
Absolut. Zu unserer Delegation gehört immer jemand vom Gesamtverein. Profis von den Männern schauen bei uns zu oder unterstützen uns auf Social Media. Aber es geht nicht darum, wer jetzt erfolgreicher ist.
Chelseas Erfolgsgeschichte bei den Frauen ist eng mit der erwähnten Emma Hayes verbunden. Bedauern Sie ein bisschen, dass ihre Teamchefin demnächst Nationaltrainerin der USA wird?
Unsere Beziehung war immer mit einer großen Wertschätzung verbunden. Sie sieht mich als Topspielerin und hat mir auch nach meiner Schwangerschaft schnell das Vertrauen wiedergegeben. Sie ist generell eine gute Leaderin. Natürlich ist ein weinendes Auge dabei, wenn sie jetzt in die USA geht. Aber ich verstehe es natürlich, dass sie eine solche Position einnehmen möchte. Vielleicht auch, um mehr Zeit für ihren Sohn zu haben.
Ein gutes Stichwort: Inwieweit nimmt Ihr Sohn schon wahr, was die Mama macht?
Er hat mich einmal im Fernsehen gesehen und war ein bisschen verwirrt (lacht). Nein, er kommt nicht mit ins Stadion. Die Champions-League-Spiele sind während seiner Schlafenszeit. So muss ich mir keine Sorgen machen, was er vielleicht im Stadion isst oder wer die Windeln wechselt. Er kommt auch nicht mit ins Training, weil er mittlerweile schon in die Kita geht.
Die Vereinbarkeit zwischen Mutterrolle und Profifußball war lange ein Problem im Frauenfußball. Das wird also gerade gut gelöst?
Im Verein wird immer gefragt, wann kommt er denn mal wieder, und ich muss mir Ausreden einfallen lassen. Sie stehen wirklich zu 100 Prozent dahinter. Das läuft wirklich deutlich besser als erwartet.
Es heißt von der deutschen Nationalmannschaft, dass bei der WM 2023 in Australien ihr damals erst neun Monate alter Sohn der einzige Lichtblick war.
Echt? So ein Kind bringt natürlich eine gewisse Leichtigkeit rein. Sein Lächeln kann einiges bewegen. Ein Turnier birgt ja die Gefahr, dass die Spielerinnen unter dem Druck verkrampfen.
Das Vorrunden-Aus bei der WM 2023 war ein Tiefpunkt. Wie schon bei der WM 2019 empfanden Sie zu wenig Wertschätzung von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Hat das dazu beigetragen, dass Sie nach dem Turnier ihren Rücktritt erklärt haben?
Nicht unbedingt. Ich nutze einfach die Länderspielpausen, um Zeit mit meinem Sohn zu verbringen. Unsere Liga ist sehr intensiv, ich muss dann einfach auch mal durchatmen – und man wird ja auch nicht jünger. Vielleicht wäre mir der Rücktritt schwerer gefallen, wenn ich mehr Spielzeit gehabt hätte. Letzten Endes wäre es aber die gleiche Entscheidung gewesen.
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Kommt Wehmut auf, wenn Sie bald die deutsche Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen sehen?
Wenn ich ein Spiel sehe, sicher. Wir haben damals in Brasilien 2016 Gold geholt. Das war eine tolle Erfahrung. Aber es gehört halt mehr dazu, als nur dieses Turnier zu bestreiten: Reisen, Lehrgänge und Hotelaufenthalte, die im Gesamtpaket für mich zu viel gewesen wären.
Die englische Women’s Super League hat in Sachen Aufmerksamkeit, Vermarktung und Zuschauerzahlen der Bundesliga bereits den Rang abgelaufen. Lena Oberdorf und Sydney Lohmann sind trotz lukrativer Angebote dennoch geblieben. Hat Sie das überrascht?
Das muss jeder selbst wissen. Ich würde diese Erfahrung jedem empfehlen. Man sieht ja, in welch kurzer Zeit sich Sjoeke Nüsken weiterentwickelt hat. Ich bin total glücklich, dass ich diesen Schritt gemacht habe.
Gibt es einen Karriereplan? Ist eine Rückkehr in die Bundesliga noch denkbar?
Es ist schwierig, in unserem Sport richtige Pläne zu machen, weil sich vom einen auf den anderen Tag alles verändern kann. Mein Vertrag läuft noch zwei Jahre. Stand jetzt würde ich eine Rückkehr in die Bundesliga eher verneinen. Ich bin eher der Typ, der ein Kapitel beendet, um dann das nächste aufzuschlagen.
Was vermissen Sie am meisten an Deutschland?
(überlegt) Tatsächlich das Brot. Gerade die Brezeln aus Bayern (lacht). Und natürlich fehlt mir die Familie, das Umfeld, in dem man einfach so sein kann, wie man sein möchte, weil man als normaler Mensch gesehen wird.
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