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1. Mai-Demos in Berlin: Gegen Krieg und Patriarchat

Am 30. April und 1. Mai wird demonstriert: Gegen Krieg und Kürzungspolitik, gegen das Patriarchat und Umverteilung von unten nach oben

»Straßenfeste, Partys und Konzerte« – wenn man auf die offizielle Homepage der Berliner Verwaltung blickt, könnte man meinen, der 1. Mai sei ein Feiertag im eigentlichen Wortsinne. Vom Frühlingsfest in der Nähe des ehemaligen Flughafens Tegel bis zum »Maifest am Obersee« in Hohenschönhausen werden allerlei tendenziell unpolitische Feierlichkeiten zum »Tag der Arbeit« empfohlen. Wer am 1. Mai hingegen Anlass zu Protest sieht, hält sich besser an die außerparlamentarische Linke, denn die hat einiges vor.

Den Auftakt des Demo-Marathons rund um den 1. Mai macht die Stadtteilgruppe »Hände weg vom Wedding« mit ihrer nach zehn Jahren längst traditionellen Demonstration am 30. April. Startpunkt ist um 18 Uhr der Leopoldplatz, und demonstriert wird unter dem Motto: »Für Frieden und soziale Gerechtigkeit!« »Rüstungsbetriebe machen bei der ›Ukraine-Hilfe‹ mit staatlichen Geldern und Kriegsspekulationen Rekordgewinne, während in Krankenhäusern oder im sozialen Bereich ein Sparzwang verordnet wird«, heißt es im Aufruf. Dagegen soll demonstriert werden, aber nicht nur das: Parolen und die bloße Analyse veränderten nichts, deswegen schließe man sich dort zusammen, wo man den Angriffen auf unser tägliches Leben ausgesetzt ist.

Im Anschluss an die Kiezdemonstration in Wedding findet gleich die nächste Demo statt. »Take back the night« ist das Motto des feministischen Aufzugs, der um 19.30 Uhr am Boxhagener Platz in Friedrichshain startet. Die Organisator*innen rufen »gegen das kapitalistische Patriarchat und zum Angriff auf unterdrückerische Zustände« auf. Sie kritisieren das Gegeneinander-Ausspielen marginalisierter Gruppen, das an »den massiven Repressionen gegen Gruppen und Personen, die wegen des Genozids in Palästina auf die Straße gehen«, zu sehen sei. In dieser Logik werde der deutsche Antisemitismus negiert und rassistisch markierten Gruppen angelastet.

Die Demo richtet sich auch gegen liberale Feminismen: »Eine sogenannte feministische Außenpolitik will Waffen an imperialistische Staaten liefern, die morden und zerstören.« Frauenquoten für Führungspositionen, Regenbogenfahnen an Polizeistationen – das sei kein Feminismus. Die Demonstration war in den vergangenen Jahren immer wieder von der Polizei angegriffen worden. Davon einschüchtern lassen will man sich aber nicht. Die Demo ist nur offen für Trans, Inter, Agender, Non-binary, Lesben und Frauen.

Die einzige Demonstration, auf die auch die Stadt Berlin hinweist, ist die des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Diese startet am 1. Mai um 10 Uhr an der Karl-Marx-Allee, Ecke Pariser Kommune. »Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit« hat sich der DGB auf die Fahne geschrieben. Wem das nicht weit genug geht, der kann sich dem klassenkämpferischen Block auf der Demo anschließen. Dieser ruft unter dem Slogan »Gewerkschaften und Lohnabhängige in die Offensive! Gegen Krieg, Kürzungspolitik und rechte Hetze« auf. Demo-Ende mit Kundgebung ist um 12 Uhr am Roten Rathaus

Um 13 Uhr will dann das »SEK Grunewald« am Johannaplatz zu einer »Razzia im Villenviertel« motivieren. »Millionenfacher Raub, demokratiegefährdende Umtriebe und mehrfache gemeinwohlschädliche Bankengründung – die Spur vieler Kapitalverbrechen führt ins Villenviertel Grunewald.« Die seit 2018 stattfindende satirische Demo will dieses Jahr einen Zaun um das »Problemviertel« ziehen. »Nur so können wir Täter effektiv abschrecken«, wie es in einer Pressemitteilung heißt. So satirisch das Format, so ernst die Themen: Die Organisator*innen kritisieren Steuerhinterziehung, Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte, Bankengründungen, kapitalgetriebene Investitionen im Immobiliensektor, Niedrigstlöhne und weitere Methoden zur Umverteilung von unten nach oben.

Um 18 Uhr am Südstern startet dann die Revolutionäre 1.-Mai-Demo. Schon ab 16.30 Uhr finden Konzerte statt. Unter dem Motto »Konzerne enteignen! Kriegstreiber entwaffnen! Kapitalismus zerschlagen! Heraus zum revolutionären 1. Mai!« soll es dann durch Neukölln und wieder zurück zum Südstern gehen. Die Demonstration steht im Zeichen des Krieges in Gaza, aber nicht nur: »Von der Ukraine über den Jemen und Kongo bis nach Kurdistan und Palästina – überall fallen Bomben auf Arbeiter*innen und ihre Kinder«, heißt es im Aufruf.

Wie jedes Jahr steht die Frage, ob es zu Gewalt kommen wird, im Fokus. Die Organisator*innen sind dabei nicht sonderlich optimistisch. Im Kooperationsgespräch mit der Polizei sei ihnen unmissverständlich klargemacht worden, dass die Polizei es am 1. Mai als ihr Recht sehe, zu entscheiden, was von dem grundgesetzlich verbrieften Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gedeckt sei und was unmittelbar mit Gewalt unterbunden wird, so die Organisator*innen in einer Pressemitteilung.

Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte am Montag im Innenausschuss, die Polizei werde bei »antisemitischen Sprechchören« – gemeint ist vermutlich die umstrittene Parole »From the River to the Sea, Palestine, will be free« (Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein) – unverzüglich Maßnahmen ergreifen, bis hin zur Auflösung. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wiederum sagte, sie hoffe, dass der 1. Mai friedlich bleibe, aber auch: »Einsatzmittel, die vorhanden sind, sollten auch genutzt werden.«

Dabei hält die Polizei die Demo für wenig gefährlich: »Ein gefährdendes Ereignis im Zusammenhang mit dieser Versammlung ist wenig wahrscheinlich«, zitiert die »B.Z.« aus einem internen Polizeipapier. Die Organisator*innen zeigen sich davon unbeeindruckt: »Wir werden mit vielen tausend Menschen auf die Straße gehen und ein kraftvolles Zeichen setzen – aller Drohungen der Polizei zum Trotz!«

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