- Berlin
- Energiewende
Genug Wasser für die Wasserstofftechnologie
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach präsentiert Berechnungen der Ludwig-Bölke-Systemtechnik GmbH
Für die Umstellung von fossilen Energiequellen auf die Wasserstofftechnologie wäre in Brandenburg ausreichend Wasser vorhanden. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) am Montag präsentierte.
Die Wasserstofftechnologie gilt als sein Steckenpferd. Am Montag sagte er, es »müsste bei jedem angekommen sein«, dass es künftig nicht ohne Wasserstoff abgehen werde, wenn eine stabile Stromversorgung jenseits von Gas, Öl, Kohle oder Atomenergie gesichert werden soll. Steinbach setzte sich mit dem »Killer-Argument« auseinander, dass angesichts trockener Sommer die erforderlichen riesigen Mengen Wasser gar nicht zur Verfügung stehen würden. Dieses Argument sei durch die Studie widerlegt, sagte Steinbach. »Die gute Nachricht ist: Brandenburg hat genug Wasser für die Wasserstoffproduktion.«
Wie Studienleiter Martin Zerta von der Münchner Ludwig-Bölke-Systemtechnik GmbH erläuterte, müsste eine »Wasserwende« die Energiewende begleiten. Ihm zufolge würde die Umstellung auf die Wasserstofftechnologie je nach Umfang zwischen ein und sechs Prozent mehr Wasser erfordern, als heute verbraucht werden. Das aber nur unter der Voraussetzung, dass weiterhin im gegenwärtigen Umfang Wasser verbraucht werde. Da aber parallel »fossile Strukturen« reduziert werden könnten, käme unter dem Strich ein geringerer Wasserverbrauch heraus, erklärte Zerta. »Dennoch werden die regionalen Auswirkungen neuer Großelektrolyseure wie auch die Wasserentnahme anderer Gewerbe- und Industrieunternehmen spezifisch zu prüfen sein«, setzte er vorsichtig hinzu.
Ausdrücklich bezog Zerta vorhergesagte lange Trockenperioden, Bevölkerungswachstum im Berliner Umland und eine dürstende Landwirtschaft in seine Berechnungen ein. Vorgesehen ist, überschüssige Wind- und Sonnenenergie zu nutzen, um Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Der Sauerstoff könnte zur Reinigung von Abwasser verwendet werden. Mit der entstehenden Wärme könnte geheizt werden. Mit dem Wasserstoff ließe sich Energie für die Phasen speichern, in denen der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.
Mit seinen vielen Windrädern und Solaranlagen biete Brandenburg geradezu ideale Bedingungen für eine solche Strategie, versicherte Zerta. Minister Steinbach nannte den hohen Ausbaustand bei den erneuerbaren Energien die Basis für die Wasserstofftechnologie. Steinbach zufolge könnten in zehn Jahren etwa 15 Prozent des Energieverbrauchs in Brandenburg durch jene gedeckt werden. Ihr Einsatz erfordere zweifellos Wasser in erheblichen Mengen. Aber die PCK-Erdölraffinerie in Schwedt würde, konsequent auf die Wasserstofftechnologie umgestellt, ihren Wasserverbrauch auf unter zehn Prozent senken. Zerta unterstrich, erst eine hohe und stabile Abnahme von Wasserstoff würde zur Wirtschaftlichkeit der Anlagen führen. Dies wäre gegeben, wenn etwa eine Stadt wie Berlin ihre gesamte Busflotte von Diesel- auf Wasserstoffantrieb umstellen würde.
Auf die Frage, wer die hohen Investitionen schultern sollte, sagte Minister Steinbach: »Private! Private!« Ihm zufolge sind die Energiepreise entscheidend. Die Rückverstromung von Wasserstoff habe einen »geringen Wirkungsgrad«, räumte er ein. Wenn der Preis für eine Tonne CO2 perspektivisch über 100 Euro liegen würde, wäre der Umstieg auf Wasserstoff in jedem Fall wirtschaftlich. Derzeit sei er auf 67 Euro pro Tonne gefallen. Aber das sei nur ein Durchgangsstadium.
»Offenbar soll die Wassermangelsituation weiter schöngeredet werden«, befürchtet der oppositionelle Landtagsabgeordnete Thomas Domres (Linke). Er sagt am Montag: »Sorgfältige Analyse und Standortwahl sind notwendig statt politisch bestimmtem Wunschdenken!«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.