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Avantgarde bei Tesla in Grünheide
Die jüngsten Aktionstage gegen den E-Auto-Konzern Tesla hatten unbequeme Botschaften im Gepäck
Am Wochenende mobilisierte die radikale Klimagerechtigkeitsbewegung zum Tesla-Werk in Grünheide. Im Kontrast zum idyllischen Protestcamp am Werlsee sahen sich die Aktivist*innen während der Aktionen zivilen Ungehorsams mit einem äußerst rabiaten Polizeieinsatz konfrontiert – und mit ungewohnt wenig gesellschaftlichem Rückhalt.
Dabei war die Lage vor Ort nicht ungünstig: Nachdem sich die deutliche Mehrheit der Grünheider Bevölkerung gegen die Tesla-Erweiterung ausgesprochen hatte, konnte die Klimabewegung hier einem lokalen Widerstand zur Seite springen, der sich nicht zuletzt aus der Sorge um die Wasserversorgung speist. Das fügt sich ein in die Bemühungen zur Neuausrichtung in Richtung alltagsnaher Kämpfe.
Doch rund um Tesla wird noch eine größere Frage verhandelt: die der Mobilitätswende. Werden nur Motoren in einem autozentrierten System ausgetauscht oder gilt es den individuellen Autoverkehr herunterzufahren? Und dahinter lugt gleich die Systemfrage: »grüner« Kapitalismus oder Schluss mit Wachstumszwang?
Lasse Thiele arbeitet im Konzeptwerk Neue Ökonomie am Thema Klimagerechtigkeit.
Bislang arbeitete sich die Klimagerechtigkeitsbewegung meist an fossilen Industrien ab. Trotz ihres radikalen Anspruchs wirkte sie dabei – häufig zum eigenen Missfallen – faktisch auch als Speerspitze der von fortschrittlichen Eliten verfolgten moderateren ökologischen Modernisierung. Dabei gingen politische Ambitionen wie Taktiken auseinander – und doch verstärkten sich angesichts eines gemeinsamen Gegners die Stimmen der Bewegungsgruppen sowie die von Umweltverbänden, wissenschaftlichen Instituten und parteipolitischen Kräften gegenseitig. Das ermöglichte weitreichende gesellschaftliche Legitimation auch für disruptive Protestaktionen.
In den Tesla-Protesten adressiert die Bewegung nun zunehmend die falschen Lösungen des »grünen« Kapitalismus. Sie sind nicht nur klimapolitisch fragwürdig, sondern sie schreiben auch die »imperiale Lebensweise« des globalen Nordens fort, etwa durch den großflächig forcierten, ökologisch schädlichen Lithiumabbau in Lateinamerika für in Deutschland zu verbauende Batterien.
Hier steht die Bewegung bislang ziemlich allein da. Gegen die Tesla-Proteste hetzten nicht nur Konservative, auch aus dem grünen Spektrum hagelte es Kritik. Unbestreitbare Ambivalenzen – einen Grundstock an E-Autos braucht es auch mit radikaler Verkehrswende, und diese müssten sich erst gegen den umso schädlicheren Verbrenner durchsetzen – wurden dabei gerne zu einer fehlplatzierten Eindeutigkeit eingedampft: Euch Trottel bezahlt doch die Ölindustrie, viva la Tesla.
Die Klimabewegung kann zum widersprüchlichen »grünen« Kapitalismus keine widerspruchsfreie Position einnehmen, die entsprechenden Kämpfe müssen geführt, die Ambivalenzen darin ausgehalten werden. Die unbequeme Botschaft der Proteste ist inhaltlich richtig, die lokale Verankerung wichtig. Gleichzeitig ist in Zeiten eines mit fossilen Kapitalinteressen verwobenen gesellschaftlichen Rechtsrucks fraglich, wie gut die Bewegung ihre Stärken ausspielen kann, wenn sie dem öffentlichen Diskurs gleich um drei Schritte vorauseilt. Wie kann dahinter ein breiteres Protestspektrum entstehen? Umweltverbände müssen sich fragen, ob sie mit taktischer Zurückhaltung in puncto E-Auto ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden. Und grüne E-Auto-Fans, ob sie nicht auf die Falschen eindreschen.
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