- Kommentare
- Israel / Internationaler Strafgerichtshof
Seltene Einigkeit zwischen Israel und der Hamas
Haftbefehl gegen Netanjahu und die Hamas eint die Kriegsgegner in ihrer Kritik
Nie waren sich Israels Regierung und die Hamas so einig wie in der Kritik am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Dass Chefankläger Karim Khan sowohl gegen Spitzenpolitiker der israelischen Regierung als auch gegen die Hamas-Führung Haftbefehle beantragt hat, geht beiden Seiten nicht runter. Das bedeutet, Khan lag genau richtig mit seiner Entscheidung. Die Reaktionen auf sein Vorgehen sprechen für sich: Während Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beim IStGH »Verzerrung der Realität« ausmacht, Khan sogar einen »Antisemiten« nennt, geriert sich Hamas-Chef Ismail Hanijeh als Opfer. Die wahre Realitätsverzerrung liegt im Blick von Netanjahu und Hanijeh. Beide blenden bewusst aus, dass auch die andere Seite von Ermittlungen betroffen ist, und fühlen sich zu Unrecht als mutmaßliche Kriegsverbrecher gleichgesetzt.
Dabei ist die Lage glasklar: Khan wendet international geltendes Recht an, ohne Ansehen der angeschuldigten Person, und wirft Israel unter anderem das Aushungern der Bevölkerung im Gazastreifen vor und der Hamas Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Khans Antrag spricht für eine differenzierte Herangehensweise an die im Gaza-Krieg mit hoher Wahrscheinlichkeit begangenen Verbrechen. Eine Gleichsetzung dieser Verbrechen oder der Verbrecher erkennen diejenigen, die den Strafgerichtshof diskreditieren wollen.
Israel hat das Gerichtsstatut ohnehin nie unterzeichnet, ebensowenig die USA, deren Rückendeckung für Netanjahu damit keinerlei Wert hat. Sollte das Gericht den Anträgen Khans stattgeben, heißt das längst nicht, dass Netanjahu oder Hanijeh sich strafrechtlich werden verantworten müssen. Dafür müssten sie erstmal verhaftet werden. Im Falle Netanjahus kann man dies in seiner Amtszeit wohl ausschließen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.