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HU-Besetzung: Polizei gegen Rechtsstaat

»Neue Qualität« staatlichen Handelns bei Räumung in der Humboldt-Universität kritisiert

  • Moritz Lang
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf der Pressekonferenz schildern verschiedene Akteure ihre Erlebnisse an den zwei Tagen der Besetzung.
Auf der Pressekonferenz schildern verschiedene Akteure ihre Erlebnisse an den zwei Tagen der Besetzung.

Der Senat »tritt das Grundgesetz ausgerechnet an dessen 75. Geburtstag mit Füßen«, meint Rechtsanwalt Benjamin Düsberg am Donnerstag. Er bezieht sich auf die Behinderung der Arbeit, die Festnahme oder den körperlichen Angriff auf Sanitäter*innen, Journalist*innen und ihn selbst im Rahmen der Räumung des besetzten Instituts für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität (HU) in der vergangenen Woche.

Die Ereignisse der zwei Tage reflektieren die Betroffenen am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. Eingeladen hatte die Student Coalition Berlin, nach eigenen Angaben eine Gruppe mehrerer hundert Studierender an zehn Berliner Hochschulen und Universitäten.

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Mittwoch vergangener Woche hatten palästinasolidarische Studierende und Aktivist*innen das Institutsgebäude unweit des Bahnhofs Friedrichstraße besetzt, Transparente aus den Fenstern gehängt und die Innenräume mit Parolen besprüht. Universitätspräsidentin Julia von Blumenthal ließ die Besetzung bis zum folgenden Abend um 18 Uhr dulden. Die Studierenden luden die Universitätsleitung zu einem Dialog am Donnerstagnachmittag ein, um Forderungen wie ein Waffenembargo gegen Israel, den Schutz akademischer Freiheit oder das Verbot von universitärer Forschung für militärische Zwecke zu diskutieren.

»Die polizeiliche Intervention sprengte den gerade beginnenden Dialog«, sagt Anwalt Düsberg. Die Polizei räumte eine spontane Kundgebung vor dem Gebäude und übernahm die Kontrolle über die Zugänge, womit sie »faktisch das Hausrecht der Universitätsleitung usurpiert«, also unrechtmäßig an sich gerissen habe, so der Rechtsanwalt.

Universitätspräsidentin Blumenthal hatte zugesagt, dass keine Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs oder Sachbeschädigung gestellt würden und keine Identitäten von denjenigen Besetzer*innen festgestellt würden, die mit ihr das Gebäude verließen. Die Polizei tat dies dennoch bei 169 Personen – laut Düsberg »ohne Rechtsgrundlage, da es mangels Hausfriedensbruchs keinerlei kollektiven Anfangsverdacht« gegeben habe. Für den Rechtsanwalt gipfelte alles in seiner eigenen Festnahme, womit er an seiner anwaltlichen Tätigkeit gehindert wurde. »Meine Kollegen waren alarmiert, dass so etwas überhaupt passieren kann«, sagt er am Donnerstag. Verschiedene Anwaltsverbände verurteilten die Geschehnisse scharf.

»Wir erleben gegenüber unserem medizinischen Personal eine neue Stufe der Eskalation von Seiten der Polizei«, mahnt eine Sprecherin der unabhängigen Medizinstudierenden und Sanitäter*innen. Sanitäter*innen sei der Zugang zum Gebäude verwehrt und die medizinische Behandlung Bedürftiger verhindert worden. Zwei von ihnen wurden gar festgenommen.

Obwohl er klar als Pressevertreter zu erkennen war und seine Funktion den Beamten mitteilte, wurde auch ein Journalist der »Berliner Zeitung« von Polizisten während der Räumung angegriffen und verletzt, ein Video zeigt den Vorgang. Ursprünglich sollten er und zwei weitere Journalist*innen auf der Pressekonferenz ihre Erlebnisse schildern, zogen in den letzten 24 Stunden jedoch ihre Teilnahme zurück – laut den Veranstaltern teils auf Druck ihrer Verlage.

»Zwei Anrufe von oben reichen aus, um die Zusagen der Universitätsleitung zu untergraben«, sagt eine Sprecherin der Student Coalition. Die HU-Präsidentin sagte während der Räumung, die Anweisung dazu sei »von ganz oben« gekommen. Bildungssenatorin Ina Czyborra (SPD) hätte sie dazu in Übereinstimmung mit Bürgermeister Kai Wegner (CDU) angewiesen.

Obwohl die Präsidentin später schilderte, nach Ablauf der Frist sowieso räumen zu wollen, sieht Rechtsanwalt Düsberg in der Weisung der Senatorin das Selbstverwaltungsrecht der Universität ausgehebelt. Nur wenn das Hausrecht in illegaler Weise ausgeübt werde, könne es der Senat an sich ziehen. Da die Besetzung aber zunächst für einen Dialog geduldet wurde, sei dies nicht der Fall gewesen, so Düsberg.

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