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Bob Hanning: Unfassbar gute Jungs
Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning über seinen Erstliga-Aufstieg als Potsdamer Trainer und seinen Vizemeistertitel als Chef der Berliner Handballer
Herr Hanning, ich erreiche Sie gerade telefonisch in Marbella, wohin Sie mit der Mannschaft des VfL Potsdam geflogen sind. Was passiert da gerade?
Das, was nicht in die Zeitung gehört (lacht). Also, wir haben offiziell unser Abschlusstrainingslager.
Und inoffiziell?
Lassen wir jetzt einfach mal die Seele baumeln und versuchen das, was die letzten drei Jahre war, zu verarbeiten und einfach ein Stückchen auch zu genießen.
Sie haben nach drei Jahren als Trainer des VfL Potsdam den Aufstieg in die erste Bundesliga geschafft, nun treten Sie in Potsdam vom Amt zurück – wie geplant oder war der Aufstieg nur zu viel des Guten?
Es war geplant, dass am Ende dieser Saison für mich als Coach Schluss ist. Aber dass es nach ganz oben in die erste Liga geht, war nicht der Plan. Für die Kooperation war Potsdam eigentlich als Zweitligist ideal. Doch im Verlauf der Saison begannen mit den anhaltenden Erfolgen intern die Diskussionen. Und ich selbst hab auch hin und her überlegt. Da hat dann der Berliner Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning zum Potsdamer Trainer Bob Hanning gesagt: Hey, das ist ja gar nicht das, was wir wollen! Und Trainer Bob Hanning hat dem Geschäftsführer geantwortet: Wenn diese Jungs nicht aufsteigen sollen, hättest du nicht zulassen dürfen, dass ich Trainer werde! Du weißt, dass ich das den Jungs nie nehmen würde, wenn ich ihnen doch genau diese Werte vermitteln will – diese Freude am Gewinnen, den süßen Geschmack des Erfolges.
Bob Hanning führte die Handballer des Zweitligisten VfL Potsdam Anfang Mai zum Aufstieg in die Handball-Bundesliga HBL. Der 56-jährige gebürtige Essener übernahm den Trainerposten vor drei Jahren eher zufällig. Eigentlich fungiert der Handball-Tausendsassa (von 2013 bis 2021 auch Vizepräsident des Deutschen Handballbundes) als Manager beim Erstligisten Füchse Berlin, aus dem er seit seinem Amtsantritt 2005 längst einen deutschen Spitzenklub mit herausragender Jugendabteilung geformt hat. Als 2021 beim Nachwuchs-Kooperationspartner aus Potsdam dringender Bedarf an professioneller Führung bestand, übernahm Hanning den Posten, obwohl er nach langen Jahren als Bundesligatrainer eigentlich keine Herrenmannschaft mehr coachen wollte. Nachdem nun der Aufstieg geschafft ist, verlässt Hanning den Zweitligameister Potsdam. Die Füchse Berlin wurden in der ersten Liga Zweiter hinter dem SC Magdeburg, der am Donnerstagabend nach dem 34:21-Sieg bei den Rhein Neckar Löwen den dritten Titelgewinn feierte.
Es war ja auch nicht zu erwarten, dass die Mannschaft mit ihrem Altersschnitt von 23 Jahren die Saison so konstant durchspielen würde, zumal auch der Etat mit unter zwei Millionen Euro als klein gilt.
Aber sie sind gut. Als alle anderen gesagt haben, na ja, mal gucken, wann der Knick für den VfL Potsdam kommt, das muss ja irgendwann passieren, dachte ich anders. In Bildsprache ausgedrückt: Als der Adler einmal am Fliegen war, wusste ich, kein Spatz kann den jetzt überholen. Ja, das ist die jüngste Mannschaft, die je in die HBL aufgestiegen ist, wahrscheinlich auch die Mannschaft mit dem geringsten Etat, den es je in der 2. Liga gab für einen Aufsteiger. Aber das sind unfassbar gute Jungs: Manche sind dreimal, viermal Deutscher Jugendmeister geworden, Schulweltmeister, U21-Weltmeister.
Wie kamen Sie auf die Idee, als Trainer in Potsdam zu arbeiten?
Der Kooperationsvertrag der Füchse mit dem damaligen Drittligisten Potsdam sah zwei Dinge vor: 1. Talente entwickeln, 2. Aufstieg in die zweite Bundesliga. Das erste hat gut geklappt, aber für den Aufstieg wurde einfach nicht akribisch genug gearbeitet. Vor drei Jahren kam Leiter des Sportparks Luftschiffhafens, wo die Potsdamer trainieren, und sagte zu mir: Pass auf, Bob, ein Drittligist in so einem Stützpunkt, das können wir uns nicht leisten! Der Potsdamer Oberbürgermeister rief mich an und bat mich, etwas zu tun. Irgendwann war klar, dass ich persönlich rein muss. Ich wollte nie wieder Männertrainer sein, ich habe ja bewusst aufgehört. Aber ich habe dann gesagt, okay, das ist eine Ausnahme, da sind ganz viele junge Leute, die jetzt erwachsen zu machen, das ist für mich auch noch mal eine Challenge. Und das habe ich nicht einen einzigen Tag bereut.
Und nun ist Potsdam sogar ein Erstligist. Was macht diese Mannschaft aus?
Dieser Hunger, jeden Tag wirklich besser werden zu wollen und das Gelernte jeden Tag anzuwenden! Der Drang, die Komfortzone zu verlassen! Und dazu eine hohe individuelle Qualität! Darauf haben wir Wert gelegt. Wir haben auch ein, zwei wirklich schöne Transfers gemacht und zwei, drei Spieler haben sich unfassbar entwickelt. Wenn man jetzt Josip Simic sieht, der wollte letztes Jahr noch nach Aue wechseln, weil er beleidigt war, dass er bei mir die Rückraumposition links verloren hatte und ich ihn an den Kreis gestellt habe. Und jetzt ist es so, dass er am Kreis wirklich explodiert ist und sogar Einladungen vom kroatischen Nationalteam hat. Nils Fuhrmann, ein junger Linksaußen, hat sich gegen harte Konkurrenz durchgesetzt als Nummer eins auf seiner Position. Viele junge Leute haben sich so super entwickelt, einfach, weil man ihnen die Möglichkeit zum Spielen gegeben hat.
Am Samstag steht das letzte Spiel mit den Potsdamern an, sportlich ist es unbedeutend. Mal zur Berliner Sicht: Für die Füchse ist der VfL-Aufstieg nicht so passend?
Wir können jetzt viele unserer Talente auf noch höherem Niveau spielen sehen, was ich als großen Vorteil ansehe. Aber – und das ist der Nachteil – wir können nicht mehr switchen. Bisher haben wir junge Potsdamer Spieler punktuell für die Füchse einsetzen können, beispielsweise in der European League, wegen des Zweitspielrechts. Ab der kommenden Saison ist das anders. Wir müssen jetzt gucken, erfüllt sich Potsdam den Traum (und wenn sie das tun, ist das völlig in Ordnung), die Klasse zu halten? Dann müssen wir auch überlegen, wie wir vielleicht zwei, drei Talente auch mal woanders parken. Das wird man sehen.
Es gibt kein Zweitspielrecht in der gleichen Liga, das ist das Problem?
Genau. Wir können unsere Talente höchstens noch bei den Füchsen II in der dritten Liga spielen lassen, dann behalten wir Zugriff. Aber alle, die in Potsdam spielen, sind für die Füchse in der jeweiligen Saison nicht einsetzbar.
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Den Meistertitel haben die Füchse verpasst. Andererseits ist Vizemeister die beste Platzierung, die die Berliner je erreicht haben. Wie würden Sie die Spielzeit der Füchse einschätzen?
Das ist die beste Saison, die wir je gespielt haben. Das hört sich ein bisschen schizophren an, weil wir ja letztes Jahr noch einen Europapokaltitel gefeiert haben. 2024 haben wir den im Finale verdientermaßen verpasst. Aber das Erreichen der Champions League bringt uns einfach noch einmal in eine neue Dimension. Von daher ist es wirklich das Größte! Den Meistertitel für den SCM muss man einfach akzeptieren. Die spielen in einer anderen Liga und sind einfach besser als der Rest. Und wir sind besser als Flensburg, die Rhein Neckar Löwen und Melsungen. Und damit können wir wirklich mehr als zufrieden und glücklich sein.
Sie haken die Saison mit den Füchsen als Erfolg ab?
Ja, für mich ist das der größte Erfolg der letzten elf Jahre.
Erstaunlich, Sie waren doch so nah am Titel wie nie zuvor.
Dass wir den gerne gewonnen hätten, dass uns das wehtut, das ist ja überhaupt keine Frage! Aber in der Einordnung ist es trotzdem die erfolgreichste Saison seit elf Jahren, auch wenn der European-League-Titel die Kirsche auf der Torte gewesen wäre. Aber es gibt eben auch verdammt viele gute Handballmannschaften.
Was macht mehr Spaß, Trainer oder Geschäftsführer?
2004 habe ich den Job als Trainer einer Herrenmannschaft ganz bewusst an den Nagel gehängt. In Potsdam habe ich aus der Not heraus übernommen, ehrenamtlich. Doch die Jahre als Trainer des VfL mit meiner jungen Mannschaft waren einfach einzigartig, dass muss man wirklich sagen. Das hat mir unglaublich viel Freude gemacht. Wenn du die Jungs in der Pubertät kriegst und als zum Teil Familienväter oder eben erwachsene Männer wieder aus den Händen gibst, dann muss ich sagen, war es das Besonderste, was ich bis jetzt in meinen 40 Jahren auch gemacht habe. Geschäftsführer sein macht mir Freude, auch, weil der Zeitraum überschaubar ist. Fünf Jahre sind vereinbart, eines ist schon rum. Die Füchse sind ja auch ein ganz besonderer Verein.
Inwiefern?
Wir bringen Profisport auf Augenhöhe mit Jugendsport, das ist einzigartig in Deutschland. Bei uns spielen einfach ganz viele Eigengewächse und das auf hohem Niveau. Das schafft von den absoluten Spitzenklubs sonst keiner. Das ist meine Motivation. Wir kaufen uns den Champions-League-Startplatz nicht, sondern wir erarbeiten ihn uns.
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