Bundesanzeiger Verlag: Tarifvertrag Fehlanzeige

Verdi kämpft beim Bundesanzeiger Verlag für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen

  • David Bieber
  • Lesedauer: 3 Min.

Staatlicher Auftrag ja, Tarifvertrag lieber nicht. Das gilt für den nach wie vor äußerst profitablen Bundesanzeiger, der vom alteingesessenen Verlagshaus DuMont aus Köln herausgegeben wird. Seit gut sechs Monaten verweigert der Verlag Tarifverhandlungen mit Verdi. Und das, obwohl der Bundesanzeiger hoheitliche Aufgaben im Auftrag der Bundes- und Landesregierung übernimmt und eine Monopolstellung innehat. Mehr als 80 Beschäftigte des Bundesanzeiger Verlags haben deshalb am Mittwoch vor dem Landesjustizministerium in Düsseldorf protestiert.

»Sie wollen auf ihre Forderung nach einem Tarifvertrag aufmerksam machen«, erklärt Ingo Weerts vom Verdi-Fachbereich Medien gegenüber »nd«. Und er betont: »Es ist kein Protest gegen das Ministerium.« Mit der Kundgebung sollte vielmehr das Justizministerium als Auftraggeber des Verlags auf den Missstand aufmerksam gemacht werden. Unter anderem werden die Verordnungen des Landesjustizministeriums durch den Bundesanzeiger veröffentlicht. Er betreibt auch das Transparenz- und Unternehmensregister.

»Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Unternehmen wie der Bundesanzeiger Verlag staatliche Aufträge erhält, aber seine Mitarbeitenden mit Dumpinglöhnen bezahlt«, kritisiert Weerts. Statt in Verhandlungen einzutreten, begehe man Tarifflucht und setze Gewerkschaftsmitglieder massiv unter Druck, damit diese von ihren Forderungen ablassen. »Das ist antidemokratisch, unsozial und widerspricht unserer staatlichen Grundordnung«, erklärt Ingo Weerts.

Verdi und die Beschäftigten fordern etwa die tarifliche Absicherung der 35-Stunden-Woche sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, 30 Tage Urlaub und die Schaffung einer eigenen Eingruppierungsordnung. Auch soll das Einstiegsgehalt auf mindestens 2740 Euro brutto pro Monat angehoben werden. Laut Berichten beträgt das für Sachbearbeiter derzeit nur 2200 Euro. Viele Beschäftigte bräuchten einen Nebenjob, um über die Runden zu kommen, heißt es. Dabei konnte die Konzerntochter zuletzt laut Insiderberichten mit etwa 130 Millionen Euro Jahresumsatz einen satten Gewinn von bis zu 20 Millionen Euro verbuchen.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Laut Ingo Weerts könnten vor allem die beiden FDP-geführten Bundesministerien für Finanzen und Justiz Druck auf DuMont ausüben. Die sind für die Eintragungen in den Bundesanzeiger hauptsächlich verantwortlich. Nach den Worten Weerts gibt es allerdings »enge Verbindungen« zwischen dem Geschäftsführer des Bundesanzeigers, Matthias Schulenberg, und der Bundes-FDP. Der Widerstand gegen die Tarifverhandlungen ist groß.

Durch den Streik, der seit dem 2. Mai fast durchgehend andauert, fehlen dem Bundesanzeiger täglich etwa 360 Arbeitskräfte. Das hat spürbare Folgen, zehntausende unbearbeiteter Aufträge sollen sich mittlerweile angesammelt werden und mit jedem Streiktag steigen die Beschwerden. »Der Bundesanzeiger wird bald in Tarifverhandlungen einsteigen müssen, um langfristigen Schaden von der eigenen Reputation abzuwenden«, so Weerts, der die Gewerkschaft auf der Erfolgsspur sieht.

Insgesamt arbeiten im Bundesanzeiger Verlag rund 600 Beschäftigte, davon sind etwa 200 sachgrundlos befristet. Hinzu kommen knapp 260 Leiharbeitnehmer*innen. Auf eine nd-Anfrage reagierte DuMont bis Redaktionsschluss nicht.

Aktualisiert am 6. Juni 2024

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.