»Der III. Weg«: Antifa schaut nach den Rechten

Die Neonazi-Partei »Der III. Weg« macht sich in Berlin-Hellersdorf breit

  • Laura Meng
  • Lesedauer: 4 Min.

»Nach den Rechten schauen« wollten am Freitag die Besucher*innen des Antifatresens im autonomen Jugendzentrum »La Casa«. Dort gab es von der Jugendantifa Platte (JAP) einen Vortrag über die Aktivitäten und Strukturen der neofaschistischen Kleinstpartei »Der III. Weg« im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Der Blick nach rechts gehört hier zur klassischen Antifaarbeit, denn rechte Strukturen sind im Bezirk schon lange verankert und werden immer relevanter.

Der III. Weg gründete sich 2013 aus bestehenden rechten Vereinigungen heraus und dominiert seitdem immer mehr die rechte Szene in Hellersdorf. Diese Partei vertritt eine rassistische und queerfeindliche Ideologie, kritisiert zwar den Kapitalismus, will ihm aber mit dem Nationalsozialismus entgegentreten. Der III. Weg ist in Ortsgruppen organisiert. Intern gibt es sogenannte Kaderstrukturen, die wie Eliteeinheiten innerhalb der Ortsgruppen existieren. Die Kader agieren gezielt, um öffentlichen Raum einzunehmen und gegen politische Gegner*innen vorzugehen.

In Berlin ist der III. Weg vor allem in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf und Pankow wahrzunehmen. »Sie versuchen nicht, flächendeckend aktiv zu sein, sondern bestimmte Bezirke zu bespielen«, erklärt eine Person von der JAP, die Lola genannt werden möchte. Besonders Jugendliche gewinnt die Neonazi-Partei mit Kampfsporttrainings oder nächtlichen illegalen Plakatieraktionen, aber auch mit Aktivitäten wie Grillen oder Wandern. Die Parteibüros sind eine niederschwellige Anlaufstelle für das bürgerlich-rechte Spektrum, jedoch zielt die Partei nicht auf große parlamentarische Erfolge ab, wie Lola dem »nd« erklärt. Viel mehr liege ihr Fokus auf der Vereinnahmung des öffentlichen Raumes mit Veranstaltungen, Plakaten und Infoständen tun. Präsenz auf den Straßen zeige der III. Weg fast ausschließlich durch die Kader.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Für Berliner Antifaschist*innen ist der III. Weg ein zentraler Bezugspunkt ihrer Arbeit und umgekehrt geraten sie ins Visier der Neonazi-Partei. »Weil Antifaschist*innen momentan ihre größten Gegner*innen sind, ist das ihr Hauptfokus«, sagt Lola. So werden regelmäßig Teilnehmende von Demonstrationen und Veranstaltungen gefilmt oder einzelne Antifaschist*innen beispielsweise in der Nähe von Bahnhöfen überfallen, nachdem sie sich von ihrer Gruppe verabschiedet haben.

Ein Feindbild rechter Ideologien und damit auch des III. Weges sind queere Menschen. So kam es im vergangenen Jahr beim Umzug Marzahn-Pride zu einem Vorfall, bei dem zwei Kader des III. Weges versuchten, Teilnehmende und den Stand der Linken zu filmen. Antifaschist*innen, die diese beiden Kader idenzifizierten, konnten sie der Veranstaltung verweisen.

Aber auch im Alltag spielt die Queerfeindlichkeit eine Rolle: »Sichtbar queer zu sein, wird früher oder später zum Problem«, erklärt Lola. Im Zweifelsfall macht Lola lieber einen Bogen um Leute, von denen vermutlich eine Gefahr ausgeht.

Dabei muss es sich nicht um erkennbar Rechte handeln. »Es ist wichtig zu betonen, dass nicht nur Rechte das Problem sind, sondern auch die bürgerliche Akzeptanz für diese Ideologien«, sagt Lola. Deshalb sei Aufklärung so wichtig. Inzwischen entstehen immer mehr Projekte im Bezirk, die genau darauf abzielen. Ein Beispiel dafür ist der Verein Quarteera, der sich an russischsprachige queere Personen richtet und dieses Jahr den Marzahn-Pride am 15. Juni veranstaltet.

Sichtbarkeit ist besonders dann von Bedeutung, wenn es darum geht, aktiv Raum einzunehmen und einen Gegenpol zu den Faschist*innen zu bilden. Lola betont, dass es besonders effektiv sei, Probleme vor Ort anzusprechen und ihnen dort entgegenzuwirken – wie am 6. Juli, wenn die Antifaschist*innen ebenfalls unter dem Motto »Nach den Rechten schauen« im Ortsteil Kaulsdorf demonstrieren werden.

Genau hier müssen Menschen dafür sensibilisiert werden, dass es sich beim III. Weg um eine Neonazi-Partei handelt, deren Auftreten im Bezirk viel zu sehr toleriert werde. Es gehe nicht primär darum, parlamentarische Forderungen zu stellen, sondern gezielt auf das bürgerliche und vielleicht auch bürgerlich-rechte Spektrum einzuwirken, erläutert Lola. »Wer gegen Neonazis aktiv werden möchte, muss das da tun, wo sie aktiv sind.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.