EU-Wahl: Polen hält den eingeschlagenen Kurs

Europawahlen in Warschau ohne innenpolitische Erschütterung

  • Holger Politt
  • Lesedauer: 3 Min.

Es blieb das erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen – die beiden stärksten Parteien Polens heimsten mit zusammen 41 Mandaten den Löwenanteil der 53 Sitze ein, die dem Land im Europäischen Parlament zustehen. Die Bürgerplattform von Ministerpräsident Donald Tusk kam auf 37,1 Prozent der abgegebenen Stimmen, was 21 Sitze in Brüssel bedeutet. Nur knapp dahinter liegen Jarosław Kaczyńskis Nationalkonservative mit 36,2 Prozent der Stimmen und 20 Sitzen.

Zuletzt hatte die Tusk-Partei vor genau zehn Jahren bei den Europawahlen 2014 die Nase vorne gehabt, danach setzte sich bei landesweiten Wahlgängen immer das Kaczyński-Lager an die Spitze. Insofern war die Freude des Regierungschefs am Abend des langen Wahltages verständlich. Die Tusk-Partei wird die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) stärken, die Kaczyński-Partei bleibt entscheidende Kraft in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer.

Rechte mit unerwartet gutem Ergebnis

Ein unerwartet gutes Ergebnis erreichte die rechtsgerichtete Konfederacja (Konföderation), eine auf nationale Souveränität pochende Gruppierung, die beim Stimmenergebnis fast unglaubliche 12,1 Prozent erzielte, was sechs Mandate einbringt. Denen ist selbst Kaczyńskis scharfe EU-Kritik nur eine halbherzige, denn wird dort von einer Union der Vaterländer gesprochen, wird hier die Union gleich ganz gestrichen, wobei ein diffuses Europa-Bekenntnis zurückbleibt. So gehört die Ukraine auch künftig nicht dazu, indessen soll das Schengen-Abkommen bleiben. Nach der Wahl freute man sich diebisch, unter den Frauen sogar mehr Stimmen bekommen zu haben als die als feministisch apostrophierte Linke.

Deutlich unter den Erwartungen blieben die beiden kleinen Koalitionspartner in der Regierung. Der Dritte Weg, ein Bündnis aus Agrariern und einer konservativ-liberalen Partei, kommt bei den Stimmen auf 6,9 Prozent, die Linke erreicht 6,3 Prozent. Beide ziehen mit jeweils drei Mandaten nach Brüssel. Der Dritte Weg, der sich der EVP anschließen wird, macht für das magere Ergebnis die Müdigkeit der eigenen Wählerschaft vor allem wegen schwieriger europapolitischer Themen mitverantwortlich. Bei den nationalen Parlamentswahlen im letzten Herbst glänzte die Gruppierung bei den abgegebenen Stimmen noch mit stolzen 14,4 Prozent.

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Linke hatte auf besseres Abschneiden

Die Linke, die sich selbst gerne als Polens EU-freundlichste Partei sieht, was vor allem auf den breiten Bogen von der entschiedenen Ukraine-Unterstützung bis hin zu den Migrationsrechten anspielt, hatte bei diesem »Heimspiel« mit einem deutlich besseren Ergebnis gerechnet. Robert Biedroń, Krzysztof Śmiszek und Joanna Scheuring-Wielgus werden in der Fraktion der Sozialdemokraten Platz nehmen. Letztere steht für den Anspruch der polnischen Linken, auf der politischen Bühne der treueste Verbündete im schwierigen Kampf für die Frauenrechte zu sein.

Enttäuscht ist Maciej Konieczny, prominenter Vertreter der zur Linksgruppierung gehörenden Razem-Partei, der sich in Katowice und Region berechtigte Hoffnungen gemacht hatte, einen Platz in Brüssel zu ergattern. Doch die Linke blieb in der traditionellen Bergbauregion überraschend unter der Fünf-Prozent-Marke, sodass vorab diskutierte Träume, ob ein polnisches Mandat in die Reihen der europäischen Linksfraktion findet, schnell zerstoben waren.

Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 41 Prozent, was als recht gut eingeschätzt wird. Und Kaczyński durfte am Ende doch noch lächeln: zusammengerechnet mit der Konfederacja hätten seine Mannen die Regierungskoalition an diesem Wahltag sogar geschlagen!

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