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Ein Sommermärchen für Sponsoren
Firmen aus China wollen das Turnier nutzen, um den europäischen Markt zu bespielen
Die Wirtschaft hofft auf ein »Sommermärchen«, wie die Fußball-WM 2006 es ’Deutschland bescherte. Hoffnungsfroh geben sich besonders die Sponsoren der Europameisterschaft, die an diesem Freitag in München beginnt. Wie andere große Sportveranstaltungen ist sie in ein buntes Netz von Werbepartnerschaften eingebunden. Mehrere Kategorien von Gönnern sind beteiligt: regionale Sponsoren, nationale Verbandssponsoren, Dienstleister und Lizenznehmer. Die zahlungskräftigsten Akteure sind jedoch die zwölf globalen Top-Sponsoren. Wie üblich finden sich darunter Sportausrüster (Adidas), Getränkehersteller (Coca-Cola) und Wettanbieter (Betano).
Die Uefa beschert den Sponsoren individuelle Begünstigungen, darunter exklusive Rechte im Zusammenhang mit Fanaktivitäten sowie eine herausgehobene Markenpräsenz in allen elf Stadien und auf den digitalen Plattformen des Fußballverbandes. Was sich für diesen auszahlen wird: Das Sponsoring ist nach den Medienrechten die zweitwichtigste Einnahmequelle für den EM-Veranstalter. Bei der vorherigen Europameisterschaft nahm der Verband über das Sponsoring und die Lizensierung von Produkten erstmals mehr als 500 Millionen Euro ein. In diesem Sommer dürfte diese märchenhafte Summe noch überboten werden. Neu ist dabei die starke Präsenz chinesischer Konzerne unter den Sponsoren.
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»Weniger ausgeben, mehr bekommen«, wirbt David Beckham, früher Kapitän der englischen Nationalmannschaft, auf allen Kanälen für Ali-Express. Der Online-Versandhändler ist eine Tochtergesellschaft der Alibaba Group mit Sitz in Hangzhou, die ein Jahrzehnt nach ihrem Börsengang Jahresumsätze über 100 Milliarden US-Dollar macht und auch hierzulande präsenter denn je ist. Schon 2023 bescherte das internationale Geschäft von Ali-Express dem Unternehmen einen gewaltigen Sprung nach vorne. Brancheninfodienste berichten, die Plattform habe bereits Ebay abgehängt.
Die Umstellung auf das sogenannte Temu-Modell scheint sich auszuzahlen. Temu, ein US-Versandhändler mit chinesischen Wurzeln, besitzt anders als Amazon keine eigenen Logistikzentren, sondern ordert Bestellungen von Kunden in den USA und Europa unmittelbar bei Firmen in China. Und diese versenden dann direkt an die Verbraucher. Das verlängert die Lieferzeiten, ermöglicht aber unverschämt niedrige Preise.
Temu hatte das US-Football-Großereignis Superbowl erfolgreich genutzt, um sich den Konsumenten in Nordamerika vorzustellen. Doch nun kommt der Konter aus China: Ali-Express setzt als »offizieller weltweiter Sponsor« der EM auf die Karte »Bekanntheit steigern«. Das gilt auch für den zweiten Sponsor aus der Alibaba-Gruppe: Alipay hat als bereits größte Bezahlplattform in der Internetwelt die US-Firma Paypal abgehängt, ist aber in der Europäischen Union eher unbekannt und will den Bekanntheitsgrad durch die EM steigern. Das gilt übrigens auch für zwei weitere chinesische Firmen, den Hersteller von TV- und Audiogeräten Hisense und den Handyspezialisten Vivo.
Allerdings bewegen sich die Sponsoren dabei auf dünnem Eis. So habe sich die Fußball-WM in Katar 2022 »fast zu einem Albtraum für Sponsoren« entwickelt, schreiben die Sportmarketing-Experten Manfred Bruhn und Peter Rohlmann in einer Analyse. Zahlreiche Kritikpunkte und Negativschlagzeilen wie Korruptionsvorwürfe, Menschenrechtsverletzungen und tote Arbeitsmigranten vermiesten den Sponsoren bereits vor Beginn die Laune. Da Marketingexperten keine Begeisterung bei ihren Zielgruppen und der Öffentlichkeit feststellen konnten, hätten einige Sponsoren die Notbremse gezogen und versucht, möglichst wenig direkten Bezug zum Turnier in Katar herzustellen.
Nun hoffen die Konzernspitzen, dass in Deutschland das Sportliche im Mittelpunkt stehen wird und ein zweites Sommermärchen winkt. Neben dem Bekanntheitsgrad soll Sponsoring nämlich das Markenimage verbessern. Eine geglückte Reklame-Partnerschaft kann dazu beitragen, dass eine Marke als sympathisch, engagiert oder verantwortungsbewusst wahrgenommen wird. Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen nutzen acht von zehn Unternehmen Sport-Sponsoring, um ihr Ansehen aufzupolieren. Und dies nach dem weltweiten Anzeigenrückgang im Jahr 2020 in verstärktem Maß.
Im Land der Automobilindustrie sorgt die Berufung des aufstrebenden chinesischen Nachwuchskonzerns BYD zum »offiziellen E-Mobilitäts-Partner der Uefa Euro 2024« für Stirnrunzeln. Während sich Mercedes, Opel und VW mit der Umstellung auf Batterieantrieb schwertun, setzt BYD bereits Millionen relativ preiswerte Elektroautos auf seinem Heimatmarkt ab. In Deutschland ist die Nachfrage dagegen weiterhin mau. Während der EM spielt BYD nun offensiv auf. Die erste europäische Fabrik in Ungarn ist noch gar nicht in Betrieb, da kündigt der Autokonzern pünktlich zum Turnierbeginn an, ein zweites Werk auf dem Kontinent zu bauen. Die neue EU-Kommission in Brüssel dürfte, wie es die US-Regierung bereits verkündet hat, bald die Zölle auf importierte Elektroautos deutlich erhöhen. Das macht eigene Fabriken in Europa für chinesische Marken attraktiv. Und so spielt die große Weltpolitik auch bei der Fußball-Europameisterschaft mit.
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