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»Lateinamerika Nachrichten«: Das Kollektiv ist offen

Ein Film über 51 Jahre »Lateinamerika Nachrichten« auf den Linken Buchtagen

  • Gabriela Cruz
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie hat es der gemeinschaftliche Journalismus geschafft, fünf Jahrzehnte zu überdauern?
Wie hat es der gemeinschaftliche Journalismus geschafft, fünf Jahrzehnte zu überdauern?

Es muss gar nicht immer gegen den Staat gehen. Manchmal ja, aber dann muss man sich darauf einigen«, sagt Clarita Müller-Plantenberg im Film. Sie ist Soziologin und war eine der ersten Mitarbeiter*innen der »Lateinamerika Nachrichten«, die seit mehr als 50 Jahren in Berlin einmal im Monat erscheinen, selbstverwaltet produziert und gedruckt. Ihre Geschichte erzählt Jan-Holger Hennies im Dokumentarfilm »Donnerstags, 19 Uhr«, der am kommenden Samstag auf den »Linken Buchtagen« in Berlin läuft.

Hennies hat das Blatt, das alle »LN« nennen, als vielfältiges und offenes Kollektiv porträtiert. Die meisten arbeiten ehrenamtlich. Was bringt diese Menschen dazu, sich jeden Donnerstag um 19 Uhr zur Redaktionssitzung zu versammeln? Wie hat es der gemeinschaftliche Journalismus geschafft, fünf Jahrzehnte zu überdauern? Die Gründe sind irgendwo zwischen »niedrigschwelligem Einstieg«, »ernst gemeintem Kollektivgedanken« und »offener Lernkultur« zu verorten. Zudem sorgt, was der Film gut sichtbar macht, die personelle Fluktuation fast schon automatisch für die Schaffung neuer Perspektiven aus aktuellen sozialen und gesellschaftlichen Bewegungen.

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Gegründet wurde die Zeitschrift unter einem anderen Namen: Im Sommer 1973 als »Chile Nachrichten«, aus Solidarität zur linken Regierung von Salvador Allende, noch vor dessen Sturz durch die Militärs. Vier Jahre später wurde sie dann in »Lateinamerika Nachrichten« umbenannt. Bis heute berichtet sie über aktuelle politische und soziale Entwicklungen in ganz Lateinamerika.

In 50 Jahren haben sich sehr viele Leute – von Kurzzeit-Mitarbeitenden bis jahrzehntelangen »Regulars« – an der Produktion beteiligt. Genau dokumentiert hat sie niemand: Offenes Kollektiv heißt auch ständiger Wechsel und eine gewisse Unverbindlichkeit. Im Zentrum des Films steht die Frage an die alten wie neuen Redakteur*innen, was ein Kollektiv so lange zusammenhält – im wahrsten Sinne des Wortes über Generationen hinweg. Das auch ein relevanter Aspekt für viele linke Gruppen, die oft schon nach kurzer Zeit um ihr Fortbestehen kämpfen und in Streitigkeiten verlieren.

Fast eine Stunde lang erkundet »Donnerstags, 19 Uhr« die internen Dynamiken eines Kollektivs, das sowohl die (links-)politischen wie auch die technologischen Veränderungen des letzten halben Jahrhunderts gemeinsam durchgestanden hat. Von der Arbeit mit Klebstoff und Schere über Schreibmaschinen bis hin zu Computern, Cloud-Working und Social-Media-Accounts hat die Zeitschrift bislang alle Umbrüche der Medienwelt gemeistert. Die Finanzierung in Zeiten der Digitalisierung ist aber selbstverständlich ein Diskussionspunkt. Denn die ehrenamtliche Arbeit spart zwar Kosten, dafür verzichtet die Redaktion aus Gründen der Unabhängigkeit auch komplett auf Werbeeinnahmen. Neben den Abonnements sind deshalb Spenden und solidarische Finanzierungsmodelle angedacht, damit die »LN« auch nach 50 Jahren die journalistische Arbeit fortsetzen kann. Ihre Geschichte ist ein Zeugnis von Widerstand und Engagement für die Werte der internationalen Solidarität. Es ist die kleine, aber feine Erfolgsgeschichte eines kollektiven Projekts.

»Donnerstags, 19 Uhr«, Regie: Jan-Holger Hennies, Deutschland 2023, 54 Minuten. Läuft am Samstag, 15.6. auf den Linken Buchtagen im Mehringhof, um 14 Uhr im SFE 2, Gneisenaustraße 2 A, Berlin

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