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Deutsche Bahn: Wenn die Mangroven weinen
Die Deutsche Bahn beteiligt sich in Lateinamerika an Projekten, die geschützte Gebiete zerstören und indigene Bewohner bedrohen
Vor drei Jahren standen Delegierte des Nationalkongresses der Indigenen aus Mexiko vor dem DB-Tower in Berlin. Sie protestieren gegen die Beteiligung der Deutschen Bahn am Tren Maya. Diese »Maya-Bahnlinie« bildet im Verbund mit dem interozeanischen Korridor die Grundlage der Neuordnung im Südosten Mexikos, verwaltet vom Militär, begleitet von Kartellen und vorangetrieben durch transnationale Konzerne. Indigene Gemeinden, Regen- und Mangrovenwälder, Höhlen und Korallen müssen nicht nur dem Schienen- und Hafenausbau weichen: Massentourismus, Industrieparks und Monokulturen fahren mit im »Maya-Zug«. Die DB beteiligt sich am Vorzeigeprojekt des mexikanischen Präsidenten, der kurz vor seinem Abtritt dessen Ausweitung nach Guatemala ankündigte. »In euren Waggons fährt die Auslöschung unserer Völker mit«, rief ein Mitglied des Indigenenkongresses in Richtung der Konzernzentrale am Potsdamer Platz.
Vor drei Wochen standen Vertreter der brasilianischen Initiative Gerechtigkeit auf Schienen vor dem DB-Tower in Berlin. Sie protestierten gegen eine Beteiligung der Deutschen Bahn am Projekt Grão-Pará Maranhão. Auch hier sollen Regenwald, Mangroven und Korallen einem Tiefseehafen und Schienen weichen: Auf der Insel Cajual tummeln sich seltene Vogelarten wie der Scharlachsichler über 95 Millionen Jahre alten Dinofossilien am von Mangroven gesäumten Strand.
Victor Hübotter befasst sich als Teil eines internationalen Recherchekollektivs mit der Beteiligung deutscher Konzerne an umstrittenen Großprojekten in indigenen Regionen.
Geht es nach portugiesischen Geschäftsleuten, herrschen hier bald 350 Meter lange Frachtschiffe und 300 gekoppelte Waggons. Tausende Tonnen von Erzen und Kupfer sowie Soja und weitere Agrarprodukte sollen von der geschützten Insel aus nach Europa, China und in die USA transportiert werden. Die Aktivistin Flávia ist nicht nur wegen des Ausmaßes von Hafen und Schiene besorgt: »Noch mehr Exportkapazität bedeutet die Ausweitung des Soja-Anbaus und der Minen.« Das treibt die Entwaldung voran und verschärft Landkonflikte im Bundesstaat mit einer der höchsten Gewaltraten an der indigenen Bevölkerung. Das Verkehrsprojekt dringt in das Territorium mehrerer ihrer Gemeinden ein. Einige leben in freiwilliger Isolation, andere in Agrarreformdörfern. Auch Quilombola-Gemeinden, die Nachfahren versklavter Menschen aus Afrika, sind bedroht. »Ein Vorhaben dieses Ausmaßes löscht das Quilombola-Gebiet aus«, erklärten die Aktivist*innen aus Maranhão und trugen die Botschaft vor und in die Konzernzentrale am Potsdamer Platz.
»Klimaschutz kann einfach sein«, antwortet die DB auf die Proteste und unterzeichnete nach Vermittlung der deutschen Botschaft eine Absichtserklärung zur Beteiligung an dem Verkehrsprojekt. Unweit der angesichts dieser Lügen weinenden Mangroven, im brasilianischen Belém, findet 2025 die nächste Weltklimakonferenz statt. Deutsche Delegierte werden erklären, wieso die Beteiligung an der Zerstörung intakter Ökosysteme nicht nur vertretbar, sondern »grün« ist: Auch Wasserstoff soll aus Brasilien und Mexiko exportiert werden, die Menschen vor Ort würden profitieren. Angemessen informiert hat man sie aber nicht.
Derweil gingen in Mexiko erste Abschnitte des Tren Maya in Betrieb. In Brasilien hat der Bau noch nicht begonnen, da wird bereits eine Ausweitung angekündigt. »Wir sind die Schwächsten, die gegen die Stärksten kämpfen«, sagt Flávia. Die Antwort muss eine Vernetzung der Widerstände sein, zwischen Mexiko und Brasilien – wo das geplante Projekt noch zu verhindern ist. Und bis nach Deutschland, wo Profiteure der Zerstörung auf versiegeltem Boden die Bedeutung von Mangroven belächeln – und damit zeigen, dass sie die Schwachen sind.
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