Logistikgebiet ade: Neu-Eichenberg beendet umstrittenes Projekt

Eine Gemeinde hat den Mut gehabt und einem großen Gewerbegebiet eine Absage erteilt, sitzt nun jedoch auf den Planungskosten

Die Bürgerinitiative für ein lebenswertes Neu-Eichenberg veranschaulichte im April 2019 die Größe der geplanten Logistikhallen. Die sollten eine Höhe von zwölf Metern erhalten.
Die Bürgerinitiative für ein lebenswertes Neu-Eichenberg veranschaulichte im April 2019 die Größe der geplanten Logistikhallen. Die sollten eine Höhe von zwölf Metern erhalten.

Die Gegend ist Provinz – zwischen Göttingen und Kassel im äußersten Nordosten Hessens. Aber doch mitten in Deutschland und in der Nähe der Autobahnen 38 und 7. Als Logistikstandort für große Versandhäuser damit ausgezeichnet. Das Land Hessen und die Gemeinde Neu-Eichenberg bemühten sich 20 Jahre lang um Ansiedlungen von Logistikunternehmen.

Doch der Widerstand aus der örtlichen Bevölkerung wuchs beständig. Die Bürgerinitiative für ein lebenswertes Neu-Eichenberg war ein Sammelbecken der Gegner*innen; zudem besetzten 2019 vorwiegend junge Umweltschützer*innen einen Teil der 80 Hektar großen Fläche, auf denen die Hallen errichtet werden sollten. Der Protest zeigte Wirkung: Erst sprang das Immobilienunternehmen Dietz AG ab, die das Areal entwickeln sollte, dann kippte im 2020 überraschend die Stimmung in der Gemeindeversammlung. Damit war das Sondergebiet Logistik politisch gescheitert. Doch erst jetzt wurde es offiziell beendet. Am 3. Juni beschlossen die Gemeindevertreter*innen mehrheitlich eine Aufhebung des Bebauungsplans.

Die Bürgerinitiative begrüßt diesen Beschluss ausdrücklich. »Wir sind sehr froh und erleichtert, nun ein finales Ergebnis zu haben und sicher sein zu können: Das Logistikgebiet wird nicht kommen, die 80 Hektar allerbesten Bodens bleiben der Landwirtschaft erhalten«, bestätigte Britta Mallach, eine der Sprecherinnen der Initiative, in einer Mitteilung. »Wir danken den Vertreter*innen von Miteinander für Neu-Eichenberg, Grünen und Linken, dass sie sich trotz vehementer Kritik vonseiten der damaligen Befürworter*innen des Logistikgebiets nicht von diesem Entschluss haben abbringen lassen.«

Allerdings bleibt die Gemeinde auf den Planungskosten in Höhe von 2,037 Millionen Euro sitzen, die bei der Hessischen Landesgesellschaft angefallen sind. Die Kommune hat jetzt eine Altlast, mit der sie umgehen muss.

Deshalb habe die Gemeinde einen Arbeitskreis Weiterentwicklung gegründet, mit dem die Weichen für einen Neuanfang gestellt werden sollen, sagte Matthias Schmidt von der Fraktion Miteinander für Neu-Eichenberg der »Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen« (HNA). Ein »Kompetenzteam zur Entwicklung eines Baulandkonzeptes für Gewerbe und Wohnen« solle gegründet werden.

In Gesprächen mit Vertreter*innen des Landes Hessen erreichte die Gemeinde laut »HNA«, dass sie mit der Aufhebung des Sondergebiets Logistik nicht gleich die Rechnung für die Planungskosten zugestellt bekommt. Der Bürgermeister Marcus Stolle (SPD) zeigte sich gegenüber den Gemeindevertreter*innen hoffnungsvoll, dass Neu-Eichenberg auch nie eine Zahlungsaufforderung bekommen werde, wenn die Kommune die Weiterentwicklung eines neuen Wohn- und Gewerbegebiets voranbringe.

Auch wenn die Bürgerinitiative nach der Aufhebung des Bebauungsplans von einem guten Tag für die Gemeinde spricht, so wird unter Umständen doch eine erhebliche Fläche Ackerland versiegelt werden – im Gespräch ist ein Areal bis zu 30 Hektar.

Ein weiterer Wermutstropfen für die Protestbewegung: Als die Besetzer*innen des Ackers das Areal vor zwei Jahren verließen, wurde ihnen in Aussicht gestellt, einen Teil der Fläche künftig biologisch zu bewirtschaften. Doch die Pläne wurden verworfen. Die ehemals besetzte Fläche ging an den einstigen Pächter Philipp Kawe zurück, der das Land wieder konventionell bewirtschaftet.

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