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NPD findet Heimat bei der AfD
Erste gemeinsame Fraktionen in Oberspreewald-Lausitz und Lauchhammer
Für die neofaschistische NPD, vor einem Jahr umbenannt in Die Heimat, ist es ein »erfrischender Windstoß der Vernunft«. Am Montag seien im Kreistag Oberspreewald-Lausitz und in der Stadtverordnetenversammlung von Lauchhammer die ersten beiden Fraktionen gemeinsam mit der AfD gebildet worden, gibt Die Heimat in einer Pressemitteilung bekannt.
Bei der Kommunalwahl am 9. Juni steigerte sich die AfD in Oberspreewald-Lausitz von 19,7 auf 31,8 Prozent und eroberte 16 der 50 Sitze im Kreistag. Die Heimat verbesserte sich von 1,5 auf 1,7 Prozent, und damit verteidigte ihr Kreistagsabgeordneter Thomas Gürtler sein Mandat. Statt aber fraktionsloser Einzelkämpfer zu bleiben, soll er eine 17-köpfige gemeinsame Fraktion »Heimat & Zukunft« führen dürfen.
In Lauchhammer schnitt Gürtlers Partei mit 4,2 Prozent zweieinhalb mal so gut ab. Doch auch das reichte nur für ein Mandat, das ebenfalls an Gürtler ging. Die AfD besetzt sechs von 22 Sitzen im Stadtparlament – und Chef der gemeinsamen Fraktion »AfDplus« soll Bernd Dietrich von der AfD werden.
»Diese Zusammenarbeit ist ein starkes Signal. Sie zeigt, dass wir bereit sind, ideologische Barrieren zu überwinden«, freut sich Gürtler. Seine Partei erklärt, dies habe der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla ermöglicht, der gesagt habe, dass es auf kommunaler Ebene keine Brandmauern zu anderen Parteien geben werde. Gürtler hofft, dass im Nachbarbundesland die »Freien Sachsen« ebenfalls ins Boot geholt werden können und weitere gemeinsame Fraktionen entstehen. Für Gürtler erkennt die AfD mit der vereinbarten Zusammenarbeit an, dass sich die NPD mit ihrer strategischen Neuausrichtung und ihrer Umbenennung in Die Heimat im Jahr 2023 als seriöse politische Kraft etabliere.
»Die haben kein Problem, mit Nazis zusammenzuarbeiten, weil sie wahrscheinlich selber welche sind.«
Katrin Dannenberg Linke-Abgeordnete
»Die AfD lässt jetzt die Hüllen fallen«, kommentiert die Landtags- und Kreistagsabgeordnete Kathrin Dannenberg (Linke) am Dienstagmorgen in einer ersten Reaktion. »Die haben kein Problem, mit Nazis zusammenzuarbeiten, weil sie wahrscheinlich selber welche sind.« Dannenberg zeigt sich optimistisch, dass die Demokratie verteidigt werden könne, die Entwicklung sei aber »bedrohlich«.
Wenig später am Tage reagiert dann auch der AfD-Landesvorsitzende René Springer. Ihm zufolge haben drei gewählte AfD-Kommunalpolitiker die beiden Kooperationen mit Die Heimat eingefädelt. Damit sind sie dann doch zu weit vorgeprescht, denn Springer kündigt an, wegen erheblichen Verstoßes gegen die Grundsätze der Partei werde er ein Parteiausschlussverfahren gegen die drei Mitglieder anstreben. Er persönlich sei bisher davon ausgegangen, »dass so etwas in unserer Partei niemals möglich sein kann«. Sicher sei hier nicht aus politischer Überzeugung, sondern aus einer gewissen Überforderung gehandelt worden, versucht Springer zu beschwichtigen. »Ich kann mich nur bei all unseren Wählern in Lauchhammer und dem Kreis Oberspreewald-Lausitz entschuldigen, die mit ihrer Stimme sicherlich nicht die Ex-NPD unterstützen wollten.« Der AfD-Landesvorsitzende berichtete, er führe intensive Gespräche, »um die Situation so schnell wie möglich zu heilen«. Die in Lauchhammer gegründete Fraktion »AfDplus« habe kein Recht, die AfD im Namen zu führen. »Wir werden auf juristischem Wege eine sofortige Namensänderung erzwingen.«
Laut Verfassungsschutzbericht ist die 1964 als NPD gegründete Die Heimat die älteste rechtsextremistische Partei in der Bundesrepublik. Sie vertrete rassistische, antisemitische und revisionistische Positionen und offenbare eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus. Anfang 2024 sei Die Heimat wegen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen worden. Die Mitgliederzahl im Land Brandenburg sei im vergangenen Jahr von 200 auf 140 gesunken. Die Parteiarbeit liege mit Ausnahme des Kreisverbandes Niederlausitz weitgehend brach. Oberspreewald-Lausitz gehört zur Niederlausitz. Der Verfassungsschutzbericht weist Thomas Gürtler als stellvertetenden Landesvorsitzenden aus.
Gegen die NPD gab es zwei Verbotsverfahren. Das erste scheiterte 2003, weil das Bundesverfassungsgericht in den V-Leuten in der NPD-Spitze eine mögliche Fremdsteuerung der Partei zu erkennen glaubte. Das zweite endete 2017 mit der Einschätzung, dass die NPD zwar verfassungsfeindlich sei, aber zu unbedeutend, um gefährlich zu werden.
Den AfD-Landesverband stuft der Geheimdienst als rechtsextremistischen Verdachsfall ein.
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