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  • Fußball-EM: Schiedsrichter

Liebe Fußballer: Schaut hinter den Rand eures Tellers!

Der Fußball könne von anderen Sportarten viel lernen. Nicht nur die Kapitäns-Regel funktioniert dort schon seit Jahrzehnten

Eine Rudelbildung wie hier um Schiedsrichterin Maria Ferrieri Caputi könnte dank der Kapitänsregel bald auch im Ligafußball der Vergangenheit angehören.
Eine Rudelbildung wie hier um Schiedsrichterin Maria Ferrieri Caputi könnte dank der Kapitänsregel bald auch im Ligafußball der Vergangenheit angehören.

In einem sind sich die Experten noch uneins: in der Bezeichnung. Heißt die neue Schiedsrichterdurchführungsverordnung bei der Europameisterschaft nun Kapitänsregel oder Meckerregel? Zweiteres würde besser zum Fußball passen, dank jener Regel aber vielleicht auch gerade nicht mehr; denn die ewige Meckerei über Entscheidungen der Unparteiischen scheint dem Ende nah. Wer nicht gerade Teamkapitän ist, dem Schiri aber trotzdem sagen will, dass er Unrecht habe, sieht Gelb. Und siehe da: Mit Ausnahme der Türken, die zuletzt noch Probleme hatten, jahrelang eingeübte Verhaltensmuster zu durchbrechen, gab es viel weniger Diskussionen mit den Referees. Das macht den Fußball schneller und ansehnlicher. Funktionäre, Schiedsrichter, Fans und Journalisten finden’s alle super.

Dass nun Europas Fußballverband Uefa dafür gelobt wird, ist dann aber doch zu viel. Im Rugby, Volleyball, Hockey und in einigen anderen Sportarten ist seit Jahrzehnten geregelt, wer mit den Spielleitern reden darf und wer nicht. Dass das funktioniert, ist also ebenso lang schon bekannt. Nur eben nicht unter Fußballern, denen das Desinteresse an anderen Sportarten ja meist schon so früh eingetrichtert wird wie die üblichen Weisheiten: »Nich mit de Pieke!«, »Oberkörper übern Ball!« und »Einwurf nach vorne!«

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Dabei lohnt der Blick hinter den Rand des eigenen Tellers bei noch viel mehr Nervendem als nur der Rudelbildung. Bestes Beispiel: der Videoschiedsrichter. Auch der war in anderen Spitzensportbereichen längst erfolgreich eingeführt, bevor die Fußball-Granden hinterherschlurften. Nur um dann doch eine ganz eigene Version davon zu erfinden, die bis heute mehr Kritiker als Lobredner hat. Niemand sonst lässt andere Referees in irgendwelchen Kellern die eigenen Schiedsrichter dauerüberwachen, nur um dann vielleicht, vielleicht aber auch nicht zu empfehlen, noch mal selbst auf einen Bildschirm zu glotzen. Warum nicht übernehmen, was im Basketball, Baseball, Volleyball, Tennis, American Football, Hockey und so weiter und so weiter längst wunderbar funktioniert: Gebt den Trainern eine Challenge pro Halbzeit, um eine Überprüfung zu beantragen. Liegen sie richtig, behalten sie die Challenge, ansonsten ist sie weg. Ab dann zählt jede Fehlentscheidung.

Noch besser: Stattet die Schiris wie im Hockey mit Mikrofonen aus, die sofort die Erklärung für jede Entscheidung ans Publikum weiterleitet. Wäre doch schön, wenn wir Daniel Siebert zuhören dürften, wenn er einem gestandenen Bundesligaprofi »Steh uff! Det war nüscht« zuruft, als wären wir in der Kreisklasse. Vor allem aber wüssten jene Vorbildfußballer dann, dass jede ihrer Beleidigungen und Respektlosigkeiten live übertragen wird. Das könnte eine reinigende Wirkung bis hinab in den Amateurfußball haben, wo es viel zu oft nicht bei verbalen Übergriffen bleibt.

Die Schiedsrichter würden diese Änderungen mit Sicherheit ebenso begrüßen wie die neue Kapitänsregel. Wer trotzdem weiter über sie meckern will, dem bleibt immer noch der Stammtisch.

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